So ein Restaurant will gut geführt sein – vor allem, wenn es bei vielen anspruchsvollen Gästen in der Küche chaotisch wird. „Kitchen Rush“ (von David Turczi und Vangelis Bagiartakis bei Pegasus Spiele) simuliert echte Gastronomie-Hektik. Gibt es da von unseren Spiele-Feinschmeckern den ein oder anderen Michelin-Stern oder bleibt die Küche kalt? Unsere Kritikenrundschau.
Teamwork
„Kooperativ betreiben wir ein Restaurant. Gäste kommen in unser Haus und bestellen Gerichte. Wir wieseln durch Vorratskammern und Küche, schaffen die benötigten Zutaten ran und brutzeln sie auf dem Herd“, erklärt Udo Bartsch den Spielablauf. „Das alles findet ohne festgelegte Reihenfolge in Echtzeit statt. Wer etwas tun möchte, stellt seine Sanduhr auf einem der Einsatzfelder ab und führt die zugehörige Aktion sofort durch. Ist der Sand durchgelaufen, darf die Uhr für eine neue Aktion verwendet werden. Jede*r Spieler*in bedient zwei Uhren gleichzeitig. Außerdem sind die Einsatzfelder begrenzt. Es kann Blockaden geben, zum Beispiel am Herd, wenn alle beschließen, erst kurz vor Ultimo mit dem Kochen zu beginnen. Während wir das alles tun, stoppen wir mit irgendeinem Instrument (nicht beiliegend) die Zeit. Nach vier oder fünf Minuten müssen wir ein bestimmtes Ziel erreicht haben. Welches genau, hängt vom Szenario ab. Acht verschiedene mit aufsteigendem Schwierigkeitsgrad gibt es.“
Generell ist Bartsch von „Kitchen Rush“ überzeugt, gerade der schrittweise Anstieg der Schwierigkeitsgrade in den Szenarien gefällt. „Das ist super gemacht, sehr sympathisch hergeleitet und obendrein perfekt unterstützt durch die Spielplangestaltung: Für neue Szenarien werden bestimmte Segmente des achtteiligen Plans umgedreht – und siehe da: Plötzlich hat unser Restaurant auch einen Kräutergarten. ,Kitchen Rush‘ verlangt von uns gutes Teamwork. Wir müssen uns koordinieren und absprechen, Arbeitsteilung empfiehlt sich.“ Wermutstropfen gebe es dennoch, es „erzeugt lediglich Zeitdruck und Stress. Es ist ein Optimierspiel mit eigentlich simplen Handlungen, die nur deshalb zur Herausforderung werden, weil die Zeit drängt. Nach zwei bis drei Partien kam das Spiel regelmäßig an den Punkt, dass es den Beteiligten genug war. Und ‚Kitchen Rush‘ wurde auch nicht mit dem Wunsch eingepackt, es bald wieder auszupacken.“ Geschichte und Gestaltung allein reichten nicht. Vier von sieben Sternen erhält das Spiel bei Bartsch – die Wertung „solide“.¹
Ungewöhnliches Spiel
Für Harald Schrapers ist „Kitchen Rush“ ein „ungewöhnliches“ Spiel. „Die in einem Brettspiel üblichen taktischen Entscheidungen gibt es hier nur sehr wenig. Man kann überlegen, ob es besser ist, mehrere Rezepte gleichzeitig zu bearbeiten oder ein Gericht nach dem anderen zu kochen. Der Rest des Spiels beruht auf guter Absprache zwischen den beteiligten Köchen, gegebenenfalls sinnvoller Arbeitsteilung und darauf, dass alles so funktioniert wie geplant.“ Das Spiel sei mit seinen acht unterschiedlichen Szenarien „aufwändig gebaut“ – etwas zu aufwändig: „Mal kommen zwei, mal vier, dann sechs oder fünf Brote in die Vorratskammer sowie vier, fünf, nur einer, dann wieder vier runde saubere Teller in den Schrank. Das kann einem ganz schön auf die Nerven gehen, weil damit die Aufbauzeit zwischen den Partien mindestens so lange wie die eigentliche Spielzeit dauert“, schreibt Schrapers. „Fraglich ist, wie viele Menschen ‚Kitchen Rush‘ wirklich bis Szenario 8 erleben. In einem Rutsch wird man es wohl kaum durchspielen. Und wenn man es nicht nach kurzer Zeit erneut auf den Tisch bringt, muss man sich ‚Kitchen Rush‘ wieder neu verinnerlichen.“²
Geordnetes Chaos
Ob in einem Rutsch oder nicht: Die unterschiedlichen Szenarien steigern den Anspruch enorm, findet Stefan Gohlisch. Und auch den Spielspaß. „‚Kitchen Rush‘ ist ein wunderbares geordnetes Chaos“, schreibt er, „mit ein wenig Übung flutscht es, weiß jeder, was er zu tun hat, stellt sich in den Dienst der Sache – das ist beglückend. Ein Familienspiel ist ‚Kitchen Rush‘ dadurch immer noch nicht, höchstens in seiner Frühphase. Kenner aber werden feststellen: Spielen hält Leib und Seele zusammen.“ Fünf von fünf Sternen erhält das Spiel in seiner Wertung.³
Köstlich
Auch Bernhard Löhlein ist in seiner Radiosendung voll des Lobes: „Gut absprechen“ müsse man sich in „Kitchen Rush“, findet er. Aber die Hektik in der Küche gefällt: Es sei „ein Spiel wie im echten Leben – genial.“ Genial sei auch, „wie die Regel einen langsam an das Spiel heranführt.“ Was bei „Kitchen Rush“ aufgetischt würde sei „einfach köstlich“, urteilt Löhlein.⁴
Geschichte mit Küchenfeeling
Auch Julia Zerlik lobt in ihrer Videorezension „Kitchen Rush“. Man werde „einfach ins Spiel eingeführt, es gibt sehr wenig Elemente auf die man achten muss“. Das sei „sehr geschickt gemacht.“ So sei das letzte Szenario herausfordernd, man würde aber behutsam herangeführt. „Es macht viel Spaß“, befindet Zerlik insgesamt über „Kitchen Rush“, „und es ist auch schön zu erkunden“. Ein Lob bekommt hier die Geschichte, die über die immer komplexer werdenden Szenarien erzählt wird: „Man kann das gut nachvollziehen. Klar, es ist manchmal ein bisschen hektisch.“ Aber das mache ja genau dieses „Küchenfeeling“ aus. „Kitchen Rush“ sei „richtig gelungen“.⁵
Ermüdend
Nur Martin Klein kann „Kitchen Rush“ wenig Gutes abgewinnen. Es sei zwar ein Spiel mit „gutem Thema“, hätte auch seine „witzige Spielidee“ und sei „insgesamt schön gemacht, sieht alles ganz nett aus, das Spielmaterial ist toll“. Dennoch habe es Klein „nicht so richtig gecatcht. Ich bin auch tatsächlich nie ganz durchgekommen“, denn es habe ihn ermüdet, sagt er. Das, was gemacht werden müsse, sei „gefühlt einfach immer nur mehr und anstrengender, aber nicht richtig witzig“. Neben dem fehlenden Witz kritisiert Klein auch den für jedes neue Szenario nötigen Neuaufbau, der sich für die sehr kurzen Runden oft nicht lohne. Entsprechend bekommt das Spiel in seiner Wertung zwei von sechs möglichen Sternen – ein bedrohliches dunkelgelb.⁶