Sinn und Zweck
Neue Akzente für die Idee des Spiels in Familie und Gesellschaft: Mit dieser Absicht schlossen sich 1977 einige führende Spielekritiker des deutschsprachigen Raums zu einer Arbeitsgruppe zusammen, aus der heraus dann der Verein Spiel des Jahres entstand. Dass sich diese Initiative gerade zu jenem Zeitpunkt entwickelte, war kein Zufall: Dank des Engagements Einzelner – unter anderem des Spielekritikers Eugen Oker, der für „Die Zeit“ und die „Frankfurter Rundschau“ schrieb – war in Deutschland eine Bewegung ausgelöst worden, innerhalb derer erwachsene Menschen die aufregende Welt des Spiels und des Spielens für sich und ihre Familien völlig neu entdeckten. Das Spiel galt bis dahin nicht als Kulturgut. Die Welt des Spiels blieb Kindern vorbehalten, während sich die Erwachsenen mit dem Ernst der realen Welt auseinanderzusetzen hatten.
Mit dem ab 1979 jährlich vergebenen Kritikerpreis trug die Jury Spiel des Jahres wesentlich zum Paradigmawechsel im Bereich des Spiels bei. Rückblickend lässt sich sagen, dass es dem Verein gelungen ist, sein Ziel tatsächlich auch zu verwirklichen, nämlich sich werbend einzusetzen für die Werte des Spiels in der Gesellschaft, im Freundeskreis und in der Familie. Oft wird in der Spieleszene die irrige Auffassung vertreten, der Zweck des Vereins sei die Wahl des Spiel des Jahres. Die Auszeichnung ist aber nur Mittel zum Zweck: Mit ihr will der Verein Impulse für die Entwicklung wertvoller, entsprechend gestalteter neuer Spiele geben. Auf diese Weise sollen Akzente gesetzt und die Verbreitung von Gesellschafts- und Brettspielen gefördert werden.
Damit ist auch gesagt, dass die Jury mit ihrer Tätigkeit nicht unbedingt die Spiele-Spezialisten und ihre Szene ansprechen will. Ihr Adressat ist das breite Publikum, das sich erfahrungsgemäß im riesigen Angebot an alten und neuen Spielen kaum mehr zurechtfindet und deshalb auf eine unabhängige und gleichzeitig kompetente Orientierungshilfe angewiesen ist.
Dieses Publikum hat den Preis mit seinem kleinen, lorbeerbekränzten Spielkegel (Pöppel) als Erkennungszeichen in hohem Maß akzeptiert. Nach Ansicht der Jury geht dies auf die klare Linie zurück, die sie von allem Anfang an verfolgt hat. Das Vertrauen, das in der breiten Akzeptanz des Preises zum Ausdruck kommt, bedeutet für den Verein auch eine große Verantwortung.
Die Spiele, die den begehrten Titel Spiel des Jahres tragen, sollen in erster Linie die Botschaft des Vereins in die Öffentlichkeit tragen. Das heißt, sie sollen möglichst viele Menschen vom Wert des Kultur- und Freizeitmediums Spiel überzeugen. Bis heute noch erfüllen eine ganze Reihe von altbekannten Spielen diese Aufgabe. Generationen von Kindern sind beispielsweise mit „Mensch ärgere Dich nicht!“ spiel-sozialisiert worden. Dem Verein Spiel des Jahres ist es gelungen, diesen Klassiker-Kanon mit einigen Titeln – so zum Beispiel „Die Siedler von Catan“ – zu bereichern. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, wie der Verein die Spielkultur im deutschsprachigen Europa sowohl mitprägt als auch am Leben erhält.
Es liegt in der Natur der Sache, dass der Preis Spiel des Jahres dank der Aufmerksamkeit, die er auf sich zieht, das effizienteste Mittel ist, das dem Verein zur Verfügung steht, um seine Ziele zu verwirklichen. Jeder Preisträger wirbt nämlich nicht nur für sich selbst, sondern für das Spielen ganz allgemein. Zudem beweist der Erfolg, den ein Spiel des Jahres in der Regel erzielt, dass sich Qualität auch wirtschaftlich lohnt. Insofern fordert der Verein mit seiner Tätigkeit Autoren, Verlage und Handel heraus, die Qualitätsmaßstäbe im Bereich des Spiels hoch zu halten. Der Preis ist in der Branche unbestritten. Diesen Status vermochte die Jury nur zu erreichen, weil sie von Anfang an einen geradlinigen Weg ging, unabhängig und kompetent.
Synes Ernst