Die Grenzregion zwischen Kanada und den USA ist eine unberührte Wildnis. In dieser Region, „Cascadia“ genannt, ist das gleichnamige Spiel von Randy Flynn angesiedelt, erschienen bei AEG, Flatout Games und Kosmos. Unsere Jurymitglieder haben sich in die Wildnis begeben und mal nachgeschaut, was sich dort so entdecken lässt.
„Es ist ein Legespiel in zwei Etagen“, erklärt Udo Bartsch das Spiel. „Die untere Ebene bilden Landschaftsplättchen. Sie sind üblicherweise zweigeteilt und zeigen zum Beispiel halb Fluss und halb Wiese. Fünf Landschaftsarten gibt es. Am Ende des Spiels punktet in jeder Landschaft meine größte zusammenhängende Fläche. Übertreffe ich die Flächen meiner Mitspieler:innen, gibt das Extrapunkte“, erklärt Udo Bartsch das Spiel. Wichtiger seien allerdings die Tiere, die den Hauptanteil der Punkte beisteuerten. „Jedes Tier auf andere Weise: Manche wollen benachbart zu Artgenossen sein, andere nicht, andere wollen Formationen bilden usw.“
„Ich versuche beides: große Flächen gleicher Landschaften zu puzzeln und darauf die Tiere so zu legen, wie es gefordert ist“, schreibt Bartsch. „Was die anderen machen, interessiert mich nur so halb. Wir spielen eher nebeneinander als miteinander. Wenn alle sich in die Bären verliebt haben, ist es sicher keine gute Idee, ebenfalls Bären zu sammeln. Und wenn jemand dabei ist, eine riesige Gebirgslandschaft zu basteln, muss ich nicht auf Biegen und Brechen versuchen, das zu übertreffen. Vor allem schaue ich auf mich selbst. Jedes Teilchen und jedes Tierchen sollte mein Punktekonto erhöhen. Darauf knoble ich hin.“
Bartsch findet dabei Thema und Illustrationen „sehr sympathisch“. „Tiere in der Natur anzusiedeln, ist schon schöner als beispielsweise Fabriken auf Grundstücken – auch wenn es mechanisch identisch wäre.“ Thematisch sei „Cascadia“ allerdings nicht. „Pluspunkte sammelt ‚Cascadia‘ durch Abwechslungsreichtum“, schreibt Bartsch, gerade auch durch Solo- und Herausforderungsszenarien. Diese Abwechslung reiche jedoch nicht, um „überdurchschnittlich neugierig“ auf die nächste Partie zu machen. „In dem top-soliden und schön gestalteten Legespiel fehlen mir Überraschungen oder Reibepunkte“, kritisiert Bartsch.¹
Auch Manuel Fritsch findet – im Podcast mit Christoph Schlewinski – die Abwechslung von „Cascadia“ reizvoll. „Die Grundmechanik ist sehr einfach“, sagt er. Herzstück des Spieles seien die unterschiedlichen Tierwertungen, durch die das Spiel „faszinierend in seiner Vielschichtigkeit“ sei. „Ich kann momentan nicht genug davon kriegen.“ Gut findet Fritsch auch, dass „Cascadia“ zwar ein Familienspiel sei, aber Regeln sowohl für einfache als auch schwere Varianten enthielte. „Da steckt ordentlich was drin“, meint er.
Auch Christoph Schlewinski hat für „Cascadia“ eine Menge Lob übrig. „Das ist super flüssig, man kommt super rein“, sagt er. Einziger Kritikpunkt bei ihm ist der Glücksfaktor: Gerade bei vielen Spieler:innen sei es möglich, einfach nicht die richtigen Tiere zu ziehen. „Da kann es sein, dass du ein bisschen in die Röhre guckst“, sagt Schlewinski. Er spiele es zwar gerne, aber gerade für Erstspieler:innen könne dieser Glücksfaktor eine frustrierende Erfahrung sein. „Trotzdem finde ich ‚Cascadia‘ sehr gelungen, weil es diesen ganz einfachen Einstieg hat“, sagt er.²
Auch Julia Zerlik lobt „Cascadia“. Das Spiel hätte sie „von der ersten Partie an abgeholt. Ich finde, es ist auf mehreren Ebenen vieles sehr genial gelöst.“ Es sei „genau die richtige Mischung aus Hirnverzwirbler und belohnendem System, weil wir diese zwei Ebenen haben“, sagt sie. „Man kann immer einen guten Zug machen.“ Auch ihr gefällt die Abwechslung gut, von der ganz simplen Einstiegsvariante bis zu den fortgeschritteneren Varianten. „Dieses Spiel finde ich extrem rund, das hatte ich schon lange nicht mehr. Ich kann nichts kritisieren, ich finde es ist grandios. Es macht bei jeder Partie Spaß.“ „Cascadia“ sei ein „tolles Spiel im Familiensektor.“³
Stephan Kessler hat sich direkt an die Quelle begeben und ein Interview mit den tierischen Protagonisten von „Cascadia“ geführt: Adler, Bär, Lachs und Hirsch. Ein „Ich war ganz begeistert von ‚Cascadia‘“ attestiert Kessler darin in seiner Rolle als Interviewer, „das Innovative ist die perfekte Reduktion der Möglichkeiten auf ein angenehmes Niveau. Absolutes rundes Erlebnis!“ Das Spiel sei – so lässt Stephan Kessler die Tiere hinzufügen – durch seine hohe Varianz sowohl für Viel- als auch für Wenigspieler geeignet. Zwar seien manche „eher mit sich selbst beschäftigt, als auf andere Mitspielende zu achten. Aber nach mehreren Partien fängt man doch mehr an, auf die Regionen der anderen zu schauen.“ Kritik müsse man „mit der Lupe suchen.“ „Cascadia“, schreibt Kessler, „sei eine elegant gestaltete Wohlfühl-Oase, die alle anspricht.“⁴
Harald Schrapers gefällt das Spiel am besten im Zwei-Personen-Duell. „Zu viert verliert ,Cascadia‘ etwas Schwung, weil man schon mal ein wenig warten muss, ohne durch ein Plus an Interaktion entschädigt zu werden“, sagt er in seinem Podcast. Insgesamt sei „Cascadia“ sei ein gemütliches und ruhiges Legespiel, das sich konstruktiv anfühlt und bei dem man sich über den stetigen Hinzugewinn an Punkten erfreut.⁵
Stefan Gohlisch gibt sich auch von „Cascadia“ überzeugt, allerdings nur vorsichtig: „Die etwas nüchternen Landschaftfelder stehen in einem gewissen Gegensatz zu dem ansonsten sehr liebevoll und hübsch gestalteten Material“, schreibt er. Insgesamt sei das Spiel „ein echter Hinkucker. Aufgrund der unterschiedlichen Wertungskarten ist auch lange für Abwechslung gesorgt.“ Einen Originalitätspreis gewänne „Cascadia“ allerdings nicht. „Es kombiniert lediglich bekannte Mechanismen, das aber auf sehr elegante Weise“, urteilt Gohlisch. ⁶
Auch Nico Wagner lobt „Cascadia“ – mit anschließendem lehrreichem Erdkundeunterricht zum Setting des Spieles – größtenteils. Vor allem findet er das Spiel sehr belohnend. „Mit jedem Teil, das du legst, schaffst du zumindest ein paar Punkte“, sagt Wagner. Außerdem gefällt ihm, dass die Landschaft bei jedem Spiel anders aussieht und neu gestaltet werden kann. Zwar sei „die Interaktion nicht besonders, aber ich habe mit zumindest mit zwei, drei Spielern ein Interesse daran, was die anderen machen und kucke, was ich denen vielleicht noch wegnehmen kann.“ Zu viert allerdings könne das Spiel sich in die Länge ziehen. „Es hat keine Story, keinen wirklichen Höhepunkt“, sagt Wagner. „Es ist nicht so, dass das Spiel Begeisterungsstürme auslöst, weil alle am Tisch emotional durchdrehen. Das ist so ein Tee-und-Kekse-Spiel, das kann man ganz gemütlich nebenbei spielen und am Schluss ist jeder zufrieden.“ Allerdings müsse man – jedenfalls für viele Punkte – schon recht frühzeitig auswählen, welche Tiere man spielen wolle. Hier käme der Glücksfaktor ins Spiel, wenn die Tiere aus dem Beutel gezogen werden müssten. „Dann kann es sein, wenn du dich zu starr aufgestellt hast, es dich zerbröselt. Aber so richtig zerbröselt es dich nie, dann man auch Punkte gemacht, aber eben nicht so viel.“
Wagners Kritikpunkt an „Cascadia“ ist, dass manche der Platzierungsregeln für Tiere nicht so einfach zu verstehen seien – speziell bei den Bussarden und den Lachsen könne es für Neulinge schwierig werden. „Da hätte ich mir gewünscht, dass die ein bisschen zugänglicher sind. Manchmal wirken die ein wenig holprig.“ Dennoch sei „Cascadia“ eines seiner „Highlights des Jahres.“⁷