Ich glaub es nicht. ICH GLAUBE ES NICHT!!! Ich war mir SO SICHER, dass sich hinter dieser Karte da zwei blaue Eier befinden. Damit hätte der blaue Hase zwei Felder vor gedurft. Aber nein. Was ist dahinter? Zwei Fuchsspuren. Und damit darf der Fuchs zwei Felder vor. Ungünstig, denn holt der einen unserer drei Hasen ein, war’s das. Dann können wir das Wettrennen zum Gasthaus Golden Ei (see reflections on the water) vergessen.
Und ich war mir wirklich SO SO sicher. Denn es war ja unsere zweite Runde, das heißt, wir haben die Kartenstrecke, die zum Gasthaus Golden Ei (but a bitter kiss will bring him to his knees) führt, bereits ein Mal relativ weit abgelaufen. Und dabei manche Karten einmal oder öfter umgedreht. Es dürfte also EIGENTLICH kein Problem sein, sich das zu merken. Aber der sehr clevere 6-Jährige am Tisch ist genauso überrascht wie ich. Schwein gehabt, Demenz vertagt.
Glück spielt bei „Golden Ei“ (see him move through smoke and mirrors) schon eine Rolle, denn der Hase, der zuerst bewegt wird, wird ausgewürfelt. Aber danach entscheiden die davor oder dahinter liegenden Karten, wie es weiter geht. Und wird ein Hase vom Fuchs gefangen, geht’s wieder von vorne los, ohne, dass die Auslage geändert wird. Wir bekommen sogar eine Karte Vorsprung vor dem Fuchs. Eigentlich super. Wenn nur das blöde Gehirn nicht wäre. Dabei wollen wir alle so gerne zum Gasthaus Golden Ei (other girls they gather around him).
Das stell ich mir als Mischung aus uriger Kneipe und plüschigem Häschenlokal vor. Da gibt’s Kakao und Kuchen und gemütliche Sessel, alles ist natürlich vegetarisch und die Karotten-Ingwersuppe ist der BURNER!!! Außerdem sind alle nett, freundlich und haben Regale voller Spiele, die man vor Ort zocken kann. Was ein Traum.
Aber erstmal hinkommen. Blödes Gehirn. Es geht in die dritte Runde und ich hab meinem Denkklumpen da oben BEFOHLEN (!!!), sich ein paar bestimmte Karten zu merken. Man will ja hilfreich sein. Ist ja alles kooperativ.
Leider kann ich mir diese Karten nur merken, wenn ich sie permanent wie ein Mantra im Kopf wiederhole. Am besten mit einer kleinen Melodie. Weiß auch nicht, wieso, klappt aber ganz gut. Einziges Problem: Mich darf in dieser Zeit keiner ansprechen. Sonst kommt ich raus, die Melodie ist weg und alles Gemerkte auch. Von außen betrachtet hab ich dann einen eher glasigen Blick, wippe leicht hospitalisierend vor mich hin und summe ganz, ganz, ganz leise. Wenn mich fremde Eltern so sehen würden … KEINER von denen würde mir ihre Kinder zum Spieletesten anvertrauen.
Das 4-jährige Mädchen am Tisch findet es aber irre lustig, wie ich versuche, mir die Karten zu merken. So lustig, dass sie alle darauf aufmerksam macht und schon prallt ein liebevolles Gelächter auf mich ein, meine Melodie kommt ins Schlingern, sie ruckelt und quietscht und … aus die Maus. Also: der Hase. Den Traum vom Sitzplatz im Golden Ei (not lace or leather) können wir uns diese Runde wohl auch wieder abschminken.
Aber falsch gedacht. Ausgerechnet der Vater, der vorgibt, sich NIX merken zu können, wird zum Helden des Tages. Wahrscheinlich einer, der in der Schule immer meinte, er hat eine fünf in der Arbeit, dabei war es mindestens immer eine zwei. Obwohl … was heißt hier „wahrscheinlich“? Ich kenn den ja und genau so war es auch.
Aber mir soll es recht sein, wir haben das Golden Ei (now i’ve got you in my sight) erreicht. War aber knapp. Was bei den Kindern den sofortigen Wunsch nach einer neuen Runde auslöst. Also alle Karten mischen, den Weg zum Golden Ei (with a Goldeneye, golden, goldeneye) neu auslegen … und sich schon mal eine Melodie ausdenken. Man will ja hilfreich sein. Ist ja alles kooperativ.
„Golden Ei“ ist von Oliver Igelhaut, erschienen bei Igel Minis.
Christoph Schlewinski