Mit „My Island“ (Reiner Knizia bei Kosmos) ist die Fortsetzung des 2020 zum Spiel des Jahres nominierten „My City“ erschienen. Unsere Jurymitglieder haben ihre Koffer gepackt und sind in ihren jeweiligen Medien auf die Insel geschippert, um sich dort einmal genauer umzuschauen.
„Alle Spieler und Spielerinnen bekommen einen identischen Satz Plättchen in ihrer Farbe“, erklärt Maren Hoffmann das Spiel. „Auf diese Plättchen sind verschiedene Felder aufgedruckt. Es gibt Acker, Weg, Haus und Mauer. Zusätzlich gibt es einen Satz Karten, auf dem entsprechende Legeplättchen abgebildet sind. Die Karten werden gemischt, und die Karte, die aufgedeckt wird, zeigt an, welche Plättchen die Mitspielerinnen und Mitspieler nun auf ihren Inseln auslegen müssen. Begonnen wird am Strand, von da aus wird Plättchen für Plättchen passend an bereits ausgelegte Plättchen angelegt. Das läuft so lange, bis niemand mehr etwas anlegen kann oder möchte. Im ersten Kapitel bekommt man Pluspunkte, wenn man Häuser am Strand baut, und umgeht Minuspunkte, wenn man keine Strandfelder unbebaut lässt. Wer in dieser Runde die meisten Punkte bekommen hat, darf Fortschrittsmarker auf der Leiste seines oder ihres Spielbretts ankreuzen. So wird nach acht Kapiteln der Gesamtsieger oder die Siegerin ermittelt. Das Schöne: Verliert man mal ein Spiel, bekommt man direkt einen kleinen Vorteil, etwa in Form eines verbesserten Plättchens, sodass man in der nächsten Runde bessere Siegchancen hat.“
„My Island“ vermittle Maren Hoffmann „ähnliche Gefühle wie eine gute TV-Serie oder ein spannendes Buch. Eine Folge, ein Kapitel geht noch, oder? Noch einen allerletzten Umschlag öffnen, dann machen wir für heute Feierabend.“ Die Neugierde auf den nächsten Umschlag stehe dem Ende des Spiels allerdings oft im Weg. „Da man aber pro Kapitel immer drei Partien spielt, muss man dafür schon den einen oder anderen Spieleabend einplanen“, schreibt Hoffmann und urteilt: „Langweilig wird das garantiert nicht.“¹
Stephan Kessler findet von „My Island“ alle 24 Runden „auf den Punkt genau konstruiert“, allerdings nur „gerade so“, denn „zum Ende hin hat es sich doch etwas repetitiv angefühlt“. Allerdings gelinge es dem Spiel, mit „wenig Regeln viel Spieltiefe zu vermitteln“. Man merke „My Island“ seinen Vorgänger „My City“ an: „Wie bei Filmen haben es Sequels oftmals schwer, aus dem Schatten des großen Vorgänger hervorzutreten und die Erwartungen zu erfüllen. Und auch hier fühlt sich alles recht bekannt an“, schreibt Kessler. „‚My Island‘ macht seine Sache gut bis solide, aber große Überraschungen oder Oha-Momente fehlen. Um nochmal den Vergleich mit den Filmen hervorzuholen: Fans des ersten Teils werden nicht enttäuscht. Sie bekommen serviert, was ihnen gefallen hat.“ Die Geschichte von „My Island“ findet Kessler allerdings etwas aufgestülpt: „Andere Legacy-Spiele versprühen da mehr Einfälle, auch ‚My City‘ hatte da etwas mehr zu bieten“, schreibt er. Für einen dritten Teil – den Kessler aus dem Ende von „My Island“ herausliest – seien seine Koffer dennoch schon gepackt.²
Für Udo Bartsch wiederholt „My Island“ nicht dieselben Bauaufgaben wie „My City.“ „Im Detail ist alles neu. Und: Es ist komplexer. Allein schon das Material ist komplexer“, schreibt er. „Auch die Aufgaben sind komplexer. Teilweise muss man sehr viele Ziele gleichzeitig im Blick haben, mehr als man erreichen kann. Eine wesentliche Herausforderung besteht deshalb darin, zu filtern und sich auf das Machbarste und Wichtigste zu fokussieren.“ Es gebe viel zum Nachdenken und Knobeln – auch für erfahrene Spielerinnen und Spieler. Positiv bewertet Bartsch, dass Zurückliegende einen Ausgleich bekommen. „Und auch wenn das Finale den Spielstand noch gehörig durcheinanderwirbeln könnte, zeichnet sich in ungleich spielstarken Gruppen recht bald ab, wer gewinnen wird und wer nicht. Aber das System gewährleistet immerhin, dass auch Zurückliegende Punkte machen werden und einzelne Partien gewinnen oder Platz zwei erreichen.“ Die Aufgabenstellungen seien „raffinierter und herausfordernder“ als im Vorgänger „My City“. „Andererseits finde ich die Thematik in ‚My City‘ schlüssiger“, schreibt Bartsch. „My Island“ biete hier nur „eine austauschbare Mystery-Story“. Alles in allem nehmen sich beide Spiele nicht viel: „Wer ‚My City‘ mochte, wird voraussichtlich auch ‚My Island‘ mögen. Und wer nicht, der nicht.“³
Für Michaela Poignée steigert sich „My Island“ von einem einfachen Einstieg bis es „ganz schön Fahrt aufnimmt“. Frustrierend findet sie im Spiel mit zwei Personen, „dass der erste Spieler zwei Fortschritte bekommt und der zweite nichts“. Es entstehe der Eindruck, dass ein Spieler „wegrauschen“ kann. In „My Island“ könne man im Finale allerdings „das Spiel noch stark drehen“. Die Regeln, findet sie, bauen gut aufeinander auf. Insgesamt findet sie „My Island“ „ein total schönes Spiel“.⁴
Man müsse in „My Island“ oft genau hinschauen, findet Julia Zerlik. „My City“ sei „einstiegsfreundlicher“, denn „My Island“ steige mit höherer Schwierigkeit ein und ende fast schon als Kennerspiel. Zerlik lobt die Übersichtsblätter, die jedem Umschlag beiliegen. Wofür Punkte gemacht werden können, sei „sehr übersichtlich“ aufgelistet, was besonders bei größeren Pausen zwischen den Partien hilfreich sei. Gut gefallen ihr auch die stärkeren Aufholmechanismen für zurückliegende Spielerinnen und Spieler. Das Spiel sei „kein Abklatsch, es fühlt sich deutlich anders an als ‚My City‘“, sagt Zerlik. Ihr habe das Spiel viel Spaß gemacht, gerade, weil es in „My Island“ mehr Möglichkeiten gebe, Punkte zu machen. „Die 24 Partien vergingen wie im Flug.“ Insgesamt also eine „runde gelungene Sache, eine tolle Fortsetzung“, urteilt Zerlik.⁵