Ein Erfolg in Serie: Bereits zum dritten Mal ist der Spieleautor Shem Phillips nun in der engeren Auswahl der SdJ-Jury gelandet. Vor drei Jahren überzeugte er mit „Räuber der Nordsee”, das zum Kennerspiel des Jahres 2017 nominiert wurde, in den Jahren 2019 und 2020 schafften es seine mit Co-Autor Sam Macdonald entwickelten Spiele „Architekten des Westfrankenreichs” und „Paladine des Westfrankenreichs” auf die Empfehlungsliste des Kritikerpreises.
An den ähnlichen Namen seiner Spiele wird deutlich, dass der Neuseeländer offenbar ein Faible für Serien hat. Sowohl die Spiele der Nordsee-Saga wie auch die Westfranken-Spiele sind Teile einer Trilogie. Phillips’ Spiele bauen erzählerisch aufeinander auf und nehmen Bezug zu ihren Vorgängern, ohne dabei jedoch Vorkenntnisse zu verlangen. Die markanten Charakter-Illustrationen von Mihajlo Dimitrievski und die serienübergreifende, durchdachte Ikonografie lässt das Gefühl entstehen, dass man sich in einem zusammenhängenden Spielekosmos befindet. Wer bereits ein Spiel dieses Duos gespielt hat, wird sich auch bei den Paladinen zuhause fühlen.
Die Westfranken-Saga, Teil 2
Die Hauptstadt mit Kathedrale haben wir als Architekten in Teil 1 bereits erfolgreich aufgebaut. In der zweiten Episode der Westfranken-Saga müssen nun auch die Siedlungen im Umland gesichert werden. Kriegerische Barbaren bedrohen das königliche Reich, doch zum Glück stehen uns mächtige Paladine zur Seite, um die drohende Gefahr abzuwehren.
Die edlen Krieger sind jedoch wahrlich keine Team-Player. Jeweils nur einen dürfen wir aus einer Auswahl von drei Handkarten pro Runde anheuern. Hier gilt es diplomatisch zu entscheiden, welchen Paladin wir auf die nächste Runde vertrösten und wessen Dienste wir höflich, aber bestimmt, ablehnen. Einige von ihnen kehren dann zwar später zurück, aber mitunter sind sie für den Rest des Spiels eingeschnappt und tauchen nicht mehr auf. Die insgesamt elf Paladine bringen sehr unterschiedliche Stärken mit. Einige sind gute Jäger und unterstützen unsere Bevölkerung bei der Nahrungssuche, manche sind religiöse Vorbilder, andere so handwerklich begabt, dass sie beim Aufbau der Verteidigungslinie mit anpacken.
Mit einem Paladin als moralischen Stützpfeiler weisen wir dann unserer Bevölkerung entsprechende Arbeitseinsätze zu. Ein Großteil der Aktionen können von allen erledigt werden, doch einige erfordern spezielle Facharbeiter, die durch unterschiedliche Farben der Meeples symbolisiert werden und uns nur begrenzt zur Verfügung stehen. Spielerisch besonders reizvoll und Herzstück der Mechanik sind die clever ineinander verzahnten Wechselwirkungen aus Religion, Einfluss und militärischer Stärke.
Für bestimmte Handlungen wie zum Beispiel das Bekämpfen (oder Bekehren) von Barbaren oder das Errichten von Bastionen steigern wir dauerhaft einen dieser drei Werte. Um eine Aktion jedoch überhaupt ausführen zu dürfen, müssen wir je nach gewünschtem Ergebnis unter anderem ein Mindestmaß an religiöser Hingabe im Volk nachweisen oder die nötige militärische Stärke entwickelt haben. Es würde uns sehr helfen, einen Mönch zu entsenden, um eine Mission auf dem Land zu bauen, die den Glauben stärkt. Doch unser politischer Einfluss ist dafür nicht groß genug, also müssen wir umdenken. Dank des geschickten Einsatzes eines Paladins, der für die Dauer seines Besuchs unsere militärische Stärke erhöht, erobern wir eine Barbaren-Siedlung. Diese Tat steigert unser Ansehen im Volk, so dass wir in der nächsten Runde den Mönch mit Zustimmung der Kirche entsenden können. Diese Glaubenssteigerung hilft uns wiederum, andere Ziele zu erreichen.
Spannende Entscheidungen in Serie
So bauen wir durch kluges Taktieren unser Reich auf, locken neue Bewohner in unser Land, die uns tatkräftig bei Handlungen unterstützen und haben gleichzeitig noch die besonderen Wünsche des Königs im Blick. Wer nun all diese Anforderungen am Ende des Spiels am besten erfüllt, dem winkt der ewige Ruhm, als der ehrenhaftester Verteidiger des Westfrankenreichs Geschichte zu schreiben.
„Paladine des Westfrankenreichs“ ist ein komplexes Strategiespiel voller spannender und kniffliger Entscheidungen. Die enge Verzahnung der einzelnen Elemente und das Meistern dieser taktischen Herausforderung ist hoch motivierend. Man kann das „Klicken“ regelrecht hören, wenn neu Mitspielenden nach einigen Spielzügen die Eleganz des Designs und die strategische Tiefe bewusst wird. Nach jeder Partie will man es sofort noch besser und geschickter schaffen, die Fähigkeiten der Paladine und die Aufteilung der Bevölkerung noch idealer aufeinander abzustimmen.
Ich freue mich bereits auf die Fortsetzung. Denn natürlich muss es eine Trilogie werden: „Burggrafen des Westfrankenreichs“ ist als Abschluss bereits in Arbeit. Bis dahin werden wir uns einfach die Zeit mit einer Wiederholung der „Paladine“ verkürzen: „Nur noch eine Partie!“
Manuel Fritsch
Mehr zum Spiel gibt es hier.