Minimalismus liegt im Trend. Nicht erst dank Marie Kondo entscheiden sich Menschen dazu, ohne Ballast zu leben. Ein Ansatz, der auch manchem Brettspiel gut zu Gesicht stünde. Denn zumeist benötigt es keine Berge von Plastikfiguren, hunderte von Karten oder dreißigseitige Anleitungen, um Spielspaß zu erzeugen. Manchmal kann es auch spannend sein, einfach nur mit dem zurechtzukommen, was uns zur Verfügung steht. Und damit wären wir auch schon bei „Res Arcana“, dem neuen Spiel von Tom Lehmann, erschienen bei Sand Castle Games.
Minimalismus mit acht Karten
Acht Artefaktkarten. Mehr haben wir nicht im persönlichen Deck und mehr werden es auch nicht. Und damit sollen wir Essenzen sammeln, Artefakte kaufen und um magische Orte ringen? Klingt knapp — und ist es auch. Das beschränkt sich gar nicht mal nur auf die Karten. Auch die Aktionsmöglichkeiten muten minimalistisch an. In unserem Zug spielen wir entweder ein Artefakt kostenpflichtig aus, aktivieren ein bereits ausliegendes oder werfen eine Karte ab, um zwei der knappen Rohstoffe zu erhalten. Da wir in jeder Runde nur eine Karte nachziehen, sollte jede Aktion genau überlegt sein. Artefakte, die bei Aktivierung weitere Karten oder Rohstoffe liefern, sind im Spiel entsprechend beliebt.
Monumente und magische Orte
Ist unser Deck auch begrenzt, darf man es bei „Res Arcana“ mit dem Minimalismus dennoch nicht zu genau nehmen. Denn neben den Artefakten gibt es auch eine zentrale Auslage mit Monumenten und magischen Orten. Und hier gilt: Je mehr, desto besser. Denn es locken Punkte und Fähigkeiten, die zumeist deutlich effektiver aber auch deutlich teurer sind als jene auf unseren Artefakten. Auf dem Weg zum Spielende, das bereits mit dem Erreichen von zehn Siegpunkte eingeleitet wird, kann man entsprechend kaum auf sie verzichten.
Gar nicht mehr minimalistisch
Den Bereich des Minimalismus verlassen wir spätestens dann, wenn wir uns die Varianz von „Res Arcana“ anschauen. Allein 40 verschiedene Artefakte sorgen für Abwechslung im eigenen Deck. Dazu verschiedene Magier, die eine spezielle Fähigkeit verleihen, zehn unterschiedliche Orte und ein Stapel Monumente, jedes davon einzigartig. So geradlinig der Verlauf einer Partie auch sein mag: Auch nach dutzenden Partien gibt es immer wieder Neues zu entdecken.
Ganz im Sinne von Marie Kondo ist es bei „Res Arcana“ am Ende nicht die Quantität, die zu begeistern weiß, sondern die Qualität. Jede Entscheidung zählt, jede ausgegebene Ressource muss genau abgewogen werden, jede abgeworfene Karte kann später schmerzlich vermisst werden. Die Dichte der Entscheidungen beeindruckt, ebenso wie die Abwechslung, die nur durch eine Handvoll Karten erzeugt wird. Partie für Partie werden neue Möglichkeiten und mächtige Kartenkombinationen entdeckt. Sollte ich jemals in die Verlegenheit kommen, meine Spielesammlung auf ein Mindestmaß zu reduzieren… „Res Arcana“ hätte einen sicheren Platz.
Wer mit dem Spiel Erfahrung sammeln konnte, sollte unbedingt zur vorgeschlagenen Drafting-Variante wechseln. Damit lässt sich der Zufall bei der Kartenverteilung etwas in seine Schranken verweisen. Zwar kann es dennoch passieren, dass die Karten absolut gegen einen sind. Dann allerdings liegt der Fehler meistens beim Spieler. Und nicht beim Spiel.
Tim Koch
Mehr über „Res Arcana“ gibt es hier.