Tag der Brettspielkritik · Teil 4
„Spiele sind ein Kulturgut“, betitelte Guido Heinecke die Abschlussdiskussion am Tag der Brettspielkritik. „Besitzen Spiele eine gesellschaftliche Relevanz, nehmen sie an gesellschaftlichen Debatten teil, bilden sie Dinge aus unserem Alltag ab?“, fragte der Spiel-des-Jahres-Geschäftsführer. Der Konstanzer Kulturwissenschaftler Steffen Bogen fand darauf eine einfache Antwort: „Wenn Menschen zusammensitzen und spielen, was soll das anders sein als Kultur?“
Nicola Balkenhol zeigte sich von der Diskussion um das „Kultur-Gut“ genervt. „Das kommt immer so hochkulturell daher.“ Das Spiel ziehe eine Form von Kommunikation nach sich, die kulturell gemäßigt ist und sozialen unausgesprochenen Absprachen folgt, sagte die Leiterin der Multimedia-Redaktion beim Deutschlandfunk. „Deshalb verstehe ich nicht, warum wir nicht in der Lage sind, gesellschaftspolitische Relevanz zu erzeugen. Alle reden darüber, Kommunikation in neuen Öffentlichkeiten – im Netz – auf eine Art und Weise zu führen, die nicht hassgetrieben ist“, betonte Balkenhol.
„Spielen ist gemeinschaftsbildend“, stimmte Steffen Bogen, Autor von „Camel up“, ihr zu. „Ich kann im Spiel auch gemein sein, ich kann Konflikte austragen – das ist die Zauberformel, denn das ist nur im Spiel möglich.“ Der schweizerische Journalist Synes Ernst ergänzte: „Spielen ist Kommunikation, ist Integration, man hat Haltungen“ – das müsse herausgearbeitet und immer wieder betont werden. Doch Brettspiele würden in den Medien unter „Panorama, Gesellschaft, Leben“ einsortiert, beklagte der ehemalige Spiel-des-Jahres-Vorsitzende. „Aber keine Spielekritik im Feuilleton. Vermutlich hängt das mit der Stellung des Spiels in der Gesellschaft zusammen“, so Ernst.
Manuel Fritsch beschrieb, wie das Videospiel in den letzten Jahren um seine Anerkennung gekämpft und dafür einen starken Lobbyverband aufgebaut habe. Inzwischen seien 50 Millionen Euro Fördergelder für Spieleentwicklung in Deutschland zugesagt, erläuterte Fritsch, der den Gamespodcast Insert Moin betreibt. Brettspiele seien hingegen schon so alt, „sie mussten nie darum kämpfen, als kulturelles Gut, als familiäres Gut, als gesellschaftliche Gut anerkannt zu werden.“ Deswegen habe die Branche sich nie darum gekümmert diese Lobbyarbeit zu betreiben. „Brettspiele haben nicht diese Hippness wie sie Videospiele haben“, wies Fritsch auf die riesigen Werbeetats der Computerspielunternehmen hin.
Bernhard Löhlein beendete den Tag der Brettspielkritik mit einem Schlusswort. „Just One“, betonte er, und dieses eine Schlusswort laute „Emotionen“. Dieses Wort sei in jedem Bereich, in jedem Workshop, im Vortrag und den Diskussionen gefallen. „Das, was mich bewegt an einem Spiel, was mich begeistert, was mich enttäuscht, muss Ausdruck finden in den Spielekritiken, die wir schreiben und produzieren“, sagte der Sprecher des Spiel des Jahres e.V. „Ich bin nicht allein, wir sind viele, wir sind anders, wir ziehen am gleichen Strang. Wir sind nicht der verlängerte Arm der Verlage, wir sind Teil der Szene, aber nicht der Branche“, unterstrich Löhlein. „Wir dürfen selbstbewusst sein, wir stehen für etwas, was den Menschen Freude bereitet. Wir stehen für einen gute Sache, die Menschen zusammenführt.“
Text und Fotos: Harald Schrapers, Video: Stephan Zerlik