Drei Karten habe ich auf der Hand. Die eine zeigt einen Hund, die nächste einen Wolf und die dritte zwei Schafe. Ausgerechnet zwei. Das macht die Entscheidung nicht eben einfacher. Eine Karte mit einem Schaf zu verlieren, ist verkraftbar. Drei Schafe auf einer Karte würde ich behalten wollen. Zwei Karten muss ich sowieso abgeben, eine nach rechts, eine nach links. Dafür bekomme ich auch zwei neue. Aber keine Ahnung, was das sein wird.
Ach, es ist nicht einfach – und das soll ein Kinderspiel sein? Ja, ist es, nämlich „Swip’ Sheep“ (von Yann Dupont bei Djeco), eines, das ganz leicht daherkommt, aber es in sich hat, wenn man denn will oder nicht anders kann. Ein Wolf im Schafspiel womöglich? Wir wollen es nicht übertreiben.
Mitten im Schlamassel
Die grundlegende Idee ist tatsächlich kinderleicht: Wölfe fressen Schafe. Hunde vertreiben Wölfe. Spieler mögen Schafe. Je mehr davon am Ende der Partie auf ihren Karten abgebildet sind, desto Sieg.
Die grundlegenden Regeln, denen jede der – abhängig von der Teilnehmerzahl – zwei bis vier Runden folgt: Alle bekommen drei Karten, geben eine nach links ab, eine nach rechts. Beginnend mit dem Startspieler werden 1. die Wölfe ausgespielt und eventuell Karten bei den ausgewählten Opfern geklaut. Es sei denn, man hat 2. Hunde; dann wird der Angriff abgewehrt und man klaut seinerseits. Und all das macht man, damit man 3. am meisten Schafe in der eigenen Kartenherde hat.
Also will man eigentlich jeden Kartentypus haben. Einfluss hat man aber nur auf die eine Karte, die man behält. Und schon steckt man mitten im schönsten Schlamassel, siehe oben. Das sich, wenn man denn zum Grübeln neigt und Hintergedanken hegt (also mehr oder weniger erwachsen ist), gleich fortsetzt: Was bedeutet es zum Beispiel, wenn mir die Person links eine Karte mit einem Wolf gibt? Hat sie einen Hund und darum nichts zu befürchten? Hat sie drei Schafe und hofft bloß darauf, nicht angegriffen zu werden? Ist ihr einfach alles egal?
Wechselbad der Gefühle
Ich weiß ja zumindest von je einer Karte, was bei den Mitspielenden zu erwarten ist, und bei der Mindestanzahl von drei Personen lässt das schon eine Menge Rückschlüsse zu. Bei fünf Personen sieht es schon ganz anders aus. Dann achtet man auf Gesichtszüge, lauscht auf verräterische Geräusche, interpretiert Mimiken.
Oder aber man spielt einfach drauflos. Dann ist „Swip’ Sheep“ ein fröhliches Leichtgewicht mit einem Wechselbad der Gefühle, in kaum zehn Minuten heruntergespielt und wiederholt. Und wieder. Und wieder. Wie lustig es dann wird! Manche Spiele sollte man einfach nicht den Erwachsenen überlassen.
Stefan Gohlisch