„Im Spiel der Schätzung, wo der Geist sich misst,
ist’s nicht allein das Wissen, das entscheidet, was ist.“
– ChatGPT (nach langen Diskussionen)
Quizspiele sind immer so eine Sache: Manche wissen viel, andere wenig, das hat mit Lebensalter, Interessen und Gedächtniskraft zu tun. Und was beweist es schon, wenn jemand alle wichtigen Dramatiker des 18. Jahrhunderts kennt oder das Periodensystem der Elemente herunterrattern kann?
Reine Wissensabfragen in Spielen finde ich unglaublich langweilig. Auch, weil sie meist keinen Fluchtweg für Gesichtswahrung lassen. Man weiß die Antwort. Oder eben nicht. Wenn nicht, hat man versagt, das fühlt sich nicht so gut an. Und wenn große Bildungslücken sichtbar werden, ist das manchen peinlich; die ganz schlimmen Mitspieler reiten dann auch noch scheinheilig drauf herum, indem sie ihr eigenes Wissen als Kanon der Allgemeinbildung zelebrieren: Wie interessant, du wusstest echt nicht, dass der Nil länger ist als der Amazonas? Kurios!
Deswegen mag ich „Schätz it if you can“ von Ralf zur Linde, erschienen bei Moses, so gern: Weil man als abgebrühter Nicht- oder Halbwisser mit skrupellosen Pokerface auch trittsichere Bildungsbürger aufs Glatteis schubsen kann. In jeder Runde setzen wir Fakten zueinander in Beziehung, von Groß nach Klein, von Früher nach Später, von Wenig nach Viel. War Thomas Jefferson vor George Washington US-Präsident oder war es umgekehrt? Und in welcher Reihenfolge tauchen die Wörter „einsam“, „traute“ und „lockigen« im Lied „Stille Nacht“ auf? Welcher Mädchenname war 2010 am beliebtesten für Neugeborene?
Zu Beginn muss man nur zwei Begriffe in die richtige Reihenfolge legen – aber pro Spielzug kommt ein weiterer dazu, den man einordnen muss. Jeder Begriff wird dabei durch einen bunten Würfel symbolisiert, das ist hübsch haptisch und macht Freude. Der oder die Nächste hat dann zwei Möglichkeiten: Entweder den nächsten Begriffswürfel einordnen – oder die Reihe anzweifeln und den Holzblock entfernen, der die Lösung der jeweiligen Zeile verdeckt. Wer weitermacht, übernimmt automatisch die Verantwortung für die gesamte Reihe; wenn dann angezweifelt wird, fällt nicht derjenige auf der Wertungsleiste zurück, der den falschen Fakt eingebaut hat, sondern der oder die jeweils letzte, der einen Würfel gelegt hat. Wer zu Recht zweifelt, wird belohnt, wer zu misstrauisch war, bestraft.
Überzeugende Auftritte können dabei entscheidender sein als breit angelegtes Faktenwissen. Man muss eben einfach auch die Nerven behalten und gut bluffen können. Oder wirklich Ahnung haben – aber das ist nicht zwingend erforderlich. Und die Auswahl der Fragen ist ohnehin zu breit gefächert, als dass Jeder und Jede alles wissen könnte: Geografie, Naturkunde, Geschichte, Popkultur, Politik, Kurioses wie Alltägliches. Alles dabei für ein halbes Stündchen entspannten Spielspaß ohne lange Regellektüre.
Maren Hoffmann