„Die Zeit des Spielens ist vorbei – jetzt beginnt der Ernst des Lebens.“ Das ist bei uns an der Grundschule Bernkastel-Wehlen anders. Wenn die Schulglocke läutet und die insg. 58 Kinder unserer Schule jeweils mit ihren Klassenleitern den aktuellen Stundenplan besprechen, dann ist die Freude groß, wenn neben Fächern wie Deutsch und Mathe auch „Spielen“ auf dem Plan steht.
Wer spielt, lernt leichter – auch in der Schule. Denn gelernt wird nicht nur bewusst, sondern viel häufiger beiläufig. Dabei sind insbesondere selbst gemachte Erfahrungen wichtig. Als Lehrer wissen wir das nicht nur aus dem Studium und den Vorlesungen zum Thema Reformpädagogik, sondern auch aus Erkenntnissen der aktuellen Hirnforschung. Grund genug dafür, an unserer Schule nicht nur dem Spielen in der Nachmittagsbetreuung, sondern insbesondere dem Spielen mit seiner Bedeutung für das Lernen im Unterricht einen größeren Stellenwert beizumessen – eine große Projektidee entstand.
Mit Unterstützung des schuleigenen Fördervereins wurden in den letzten Jahren hierzu bereits einige Spiele für die Betreuung und die Regenpausen angeschafft. Doch irgendwie fehlten passende Spiele für den Vormittag. Spiel des Jahres e.V. hat es 2022 ermöglicht, dass insgesamt 28 neue Spiele angeschafft werden konnten – passend zu den verschiedenen
Jahrgangsstufen und von der Spieldauer her so ausgewählt, dass sowohl etwas für die kleinen Pausen als auch für ganze Unterrichtsstunden etwas dabei ist.
Am Anfang sprudelte unsere Schule vor Ideen, wie diese Spiele zum Einsatz kommen können – aufgrund vieler personeller Veränderungen und Personalschwierigkeiten kam es bei der Umsetzung dieser Ideen immer wieder zu zeitlichen Verzögerungen. Oberste Priorität hatte nun zu Beginn des Jahres 2023 das Kennenlernen neuer Spiele unter Anleitung. Die Spiele sollten nicht nur hingestellt werden unter dem Motto „Jetzt spielt mal!“ wie es in der Praxis leider allzu ist, sondern es sollte eine vorherige Erklärung und auch eine Reflexion erfolgen. Ein sinnvoller Einsatz der Spiele bedeutet für unsere Schule mehr als eine reine Beschäftigung der Kinder.
Daraus entstanden sind zum Beispiel zahlreiche Steckbriefe, die nun im Schulhaus aushängen. Begeistert sind die Kinder vor allem von Spielen, bei denen man im Team gewinnt. „Ich kann nicht allein verlieren und man muss immer im Team alles machen.“ Auch beliebt waren Kartenspiele mit kurzer Spieldauer, „weil man das schnell in der Regenpause spielen kann.“ Denn die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Kinder in den Pausen, in denen sie aufgrund des Wetters nicht auf dem Schulhof spielen können, frustriert sind, wenn das Spiel nicht zu Ende gespielt werden kann.
An unserer sehr ländlichen Schule gibt es im Verglich zur gesamten Schülerzahl auch immer recht viele Kinder mit Migrationshintergrund. Zu unserer Überraschung haben sich diese Kinder trotz mangelnder Sprachkenntnisse keine Spiele ausgesucht, bei denen man wenig reden muss – im Gegenteil: Das Spiel „Zauberei hoch drei“ war hier am beliebtesten und da man es im Team spielt, haben die Kinder viel kommuniziert. Wieder einmal ein Beweis dafür, wie wichtig das Spielen für Kinder und ihren individuellen Lernprozess ist.
Für die kommenden Wochen haben wir uns vorgenommen, gemeinsame Spiele-Nachmittage für Groß und Klein anzubieten. Wir möchten nicht nur die Kommunikation zwischen den Kindern verstärken, sondern verschiedene Generationen zusammenbringen.
Wenn auch langsamer als anfangs gedacht, möchten wir Stück für Stück unsere Projektideen verwirklichen, die ohne die Unterstützung durch Spiel des Jahres e.V. wohl noch länger auf der To-do-Liste schlummern würden.
Aline Kneib
Schulleitung der Grundschule Bernkastel-Wehlen