Über den Wolken, so hörte man es singen, muss die Freiheit grenzenlos sein. In „CloudAge“ (Alexander Pfister und Arno Steinwender bei Nanox Games / DLP Games) geht es allerdings eher unter die Wolken – da ist die Freiheit zwar weniger grenzenlos, aber es gibt Ressourcen und Kämpfe. Unsere Jurymitglieder haben sich in ihren jeweiligen Medien an die Steuerhebel ihrer Luftschiffe geschwungen, um das Spiel von dort oben genau zu überblicken.
„In einer dystopischen Welt fliegen wir mit unserem Zeppelin die Spielplanstrecke entlang. Auf Stadtfeldern dürfen wir gegen Milizen kämpfen und erhalten bei Erfolg Belohnungen. Währenddessen bauen wir das Schiff aus. Ein größerer Antrieb hat den Vorteil, schwerer zu überfliegende Spielplanfelder nicht auslassen zu müssen und im Drüberfliegen Ressourcen einzusammeln. Außerdem ist man unterwegs flexibler und dringt schneller in den Bereich vor, in dem die Kämpfe lukrativer werden“, erklärt Udo Bartsch das Spiel. „Wir versuchen in einer limitierten Zahl von Zügen eine Maschinerie ins Laufen zu bringen. Das Luftschiff soll schnell und stark sein, Missionen sollen bis zum Schluss erledigt werden, die nötigen Rohstoffe sollen sich möglichst als Dauereinkommen oder in Nebenaktionen ansammeln. Und natürlich soll die Maschine in Summe die meisten Siegpunkte ausspucken.“
„Obwohl wir optimieren und mit Rohstoffen haushalten müssen, bewahrt sich ‚CloudAge‘ Lockerheit“, urteilt Bartsch. Glückselemente verhinderten lange Wartezeiten, ebenso die überschaubare Anzahl von Bau-Aktionen und Flugrouten. „Alles hilft. Das Spielgefühl ist positiv. Für alle geht’s voran.“ Besonders gut gefällt ihm, dass Karten, die ausgewählt werden müssen, teilweise in Hüllen mit Wolkenaufkleber verborgen sind: „Der Mechanismus initiiert ein Spiel im Spiel. Man versucht aufgrund der erkennbaren Segmente auf den Rest zu schließen, man zockt auf die Anordnung der Symbole. Wer genauer hinschaut und Details erfasst, hat Vorteile. Die Auflösung ist spannend.“ „CloudAge“ sei dabei insgesamt gut strukturiert, auch das Kartenmanagment gefällt Bartsch: „Die Projektkarten gewähren Spielräume, um verschiedene Strategien zu verfolgen. Und indem Kartenbauten auch immer mit Karten bezahlt werden, haben selbst unpassende Karten ihren Zweck“, schreibt er. Ein Kritikpunkt ist für ihn allerdings die Spielanleitung, die schon beim Aufbau Verwirrung stifte.
Am Ende reize es ihn jedoch weniger: „Für mein Empfinden besitzt das Spiel allerdings zu wenig Stoff für Entscheidungsnöte oder gar innere Zerrissenheit. ‚CloudAge‘ fließt angenehm dahin – was auch eine Qualität ist –, aber es erzeugt nicht die Reibung, die mich zu immer neuen Partien hintreibt.“ Vier von sieben Sterne vergibt er – und damit die Wertung „solide.“¹
Auch Harald Schrapers gefallen die teilweise verdeckten Karten als Spielelement: „Normalerweise würde ich an dieser Stelle fragen, warum ‚CloudAge‘ diese teilverdeckten Spielkarten nicht in das Zentrum des Spiels stellt. Stattdessen müssen sie als eines von vielen Spielelementen neben anderen bestehen. Da aber die Gesamtkomposition des Spiels uneingeschränkt funktioniert und spielerisch überzeugt, nehme ich meine Frage zurück“, schreibt er.
Ihm gefällt das Spiel gut, denn die vielen Regelelemente greifen thematisch gut ineinander. „Zwar gibt es wenig echte Interaktion, aber wegen des oft zeitgleichen Abhandeln vieler Spielschritte – was vor ausufernder Downtime bewahrt – durchaus ein Gefühl des gemeinsam Spielens.“
Auch Schrapers kritisiert die Spielregel, „die sich dahingehend verheddert, dass es unterschiedliche Varanten des Spiels gibt: drei so genannte Kapitel und sieben Kampagnenszenarios. Hier hätte sich die Anleitung auf das Kapitel 1 konzentrieren müssen – doch leider geschieht das nicht ausreichend, und auch das Spielmaterial ist nicht vollständig für das Einstiegskapitel optimiert“, schreibt er. Am Ende aber ist „CloudAge“ für ihn „bereits in der ersten Partie ein überzeugendes Spiel, das für ein außergewöhnlich abwechslungsreiches Erlebnis sorgt, ohne es mit Komplexität zu übertreiben.“ Fünf von sechs Würfelaugen vergibt er für „CloudAge“.²
Ab der ersten Partie – hier speziell der Kampagne – überzeugt Julia Zerlik das Spiel nicht. „Es ist ein Kampagnenspiel. Aber es ist nicht so, dass die sieben Szenarien der Kampagne total unterschiedlich wären.“ Das Spiel verliefe immer recht ähnlich, wobei Zerlik die ersten zwei Szenarien als „langweilig“ empfunden hat. „Es ist ganz gut, um in den Mechanismus reinzukommen, aber richtig spannend wurden die Partien erst ab dem dritten Szenario“, sagt sie.
Auch Zerlik gefallen die mit Wolken verdeckten Karten. „Das finde ich richtig cool, das ist auch der Clou.“ Allerdings seien die Kartenhüllen mit den Wolkenaufklebern nicht besonders widerstandsfähig: Die erste sei schon nach zwei Partien kaputt gegangen.
Insgesamt findet sie, dass das Spiel zu wenig Variabilität böte, die Partien liefen „recht gleichförmig ab“, sagt sie. „So ist es eher ein Optimierer, von dem was da ist, und man versucht halt jede Partie das beste draus zu machen.“
Zerliks Urteil fällt zwiegespalten aus. Sie hätte sich mehr von der Kampagne gewünscht – grundsätzlich aber gefällt ihr das Spielprinzip. Dennoch habe das Spiel nach der Kampagne wenig Wiederspielreiz.³
Als „,Mad Max‘ mit Zeppelinen‘“ charakterisiert Manuel Fritsch das Setting des Spiel. Für ihn ist die Kampagne mit ihren sieben Szenarien eher Nebensache: „Die Story hat mir nichts gegeben; das ist ja ganz nett, als Bonbon oben drauf, dass es eine Kampagne gibt, aber das ist nicht der Reiz. Es macht das Spiel nicht schlechter, es macht es aber auch nicht viel besser. Die Gründe, warum ich dieses Spiel dauernd spielen möchte, liegen doch eher in den kreativen Ideen, die da drin stecken.“
Vor allem gefällt Fritsch dabei das Setting. Und: „Ich mag das Ausbauen der Zeppeline total gerne“, sagt er. Die unterschiedlichen Möglichkeiten zum Ausbaue böten „von Partie zu Partie neue, interessante Möglichkeiten, gerade auch durch die Karten, die dann noch dazu kommen.“ Die Mischung aus Ressourcenverwaltung und Deckbulding hätte ihn sehr angesprochen, die von Wolken verdeckten Karten findet er „eine der coolsten und innovativsten Mechaniken dieses Jahr.“
„CloudAge“ sei „sehr zu empfehlen“. Nur ein wenig kürzer könnte es für Fritsch sein – das Spiel würde in seiner Länge repetitiv werden.⁴