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Kritikenrundschau: Tipperary – Puzzlen auf der grünen Insel

Üppige Hügel, flauschige Schafe, verfallene Burgtürme und dazwischen ein bisschen Whiskey: Das mag zwar Irland nicht ganz adäquat beschreiben, aber alle diese Dinge gibt es dort definitiv. Auf jeden Fall gibt es sie im Puzzlespiel „Tipperary“ von Günther Burkhardt, erschienen bei Lookout Spiele. Und weil Irland nicht gleich Irland ist, müssen die Teile hier möglichst gewinnbringend aneinander gelegt werden. In ihren jeweiligen Medien sind unsere Jurymitglieder auf die Reise zur Grünen Insel gegangen.

Das spielerisches Herz von „Tipperary“ sei der Spielplan mit einer Drehscheibe, erklärt Tobias Franke das Spiel. „Über mehrere Durchgänge hinweg erhalten wir Landschaftsteile und müssen damit unser Gebiet vergrößern. Denn am Ende bekommen wir mächtig Punkte für unser größtes zusammenhängende Rechteck, das keine Lücken aufweist. Aber wir erhalten auch Punkte für unsere größte Schafherde, für produzierten Whiskey sowie für erkundete Steinkreise und eine umschlossene Stadt“, schreibt Franke. „Zu Beginn eines jeden Durchgangs werden die Freiräume an der Drehscheibe so bestückt, dass dort zufällig zwei Landschaftsteile liegen. Dann schnippt man die Drehscheibe an und nach deren Stillstand zeigen nun die Wappen an, welche der zwei Landschaftsteile uns zur Auswahl stehen. Nur eines davon dürfen wir dann in unsere Auslage puzzlen.“Nicht so gut gefällt Franke, dass durch die Drehscheibe die Auswahl der Plättchen sehr zufällig wird. „Mein Spiel ist davon geprägt, zu hoffen, dass ich die passenden Teile noch bekommen werde. Wenn die Drehscheibe aber immer an den falschen Segmenten stehen bleibt, dann kann ich nichts daran ändern. Das kann zu Jubelstürmen führen, aber auch zu frustigen Momenten“, schreibt Franke. Der Mechanismus sei ähnlich wie bei „Planet Unknown“, aber deutlich weniger planbar. Zu kritisieren hat Franke auch die beiliegenden Burgtürme aus Pappe, die eher instabil seien, sowie den beiliegenden Beutel, der schlichtweg zu klein sei. Dieser solle aber laut Verlag in den nächsten Auflagen vergrößert werden. Dennoch gefällt Franke das Spiel größtenteils: „In knackiger Zeit müssen wir viele kleine Entscheidungen treffen. Diese sind im positiven Sinne überschaubar und durchaus reizvoll. Denn wir stehen vor einem kleinen Dilemma, welches durch die Endwertung erzeugt wird. Ich erhalte nämlich einen großen Batzen meiner Punkte durch die größte zusammenhängende Fläche. Die gedachte Konsequenz lautet: immer her mit den großflächigen Landschaftsteilen! Dummerweise passen diese aber nie genau in mein Puzzle und außerdem sind die kleinen Teile meist die wertvolleren. Ebenso clever ist das Spielprinzip bei den Anschlüssen. Ich versuche Moorflächen miteinander bzw. Felder mit Brennereien zu verbinden. Also lege ich diese Seiten besser nach außen, damit ich dort anschließen kann. Meist muss ich damit dann aber auf eine andere Sache verzichten. Und wieder stehe ich vor der Frage: was soll ich nun machen?“, schreibt Franke. Das Spiel fühle sich nie bestrafend an, alles ginge schnell und ohne große Wartezeiten vonstatten. „Im Großen und Ganzen ist auch „Tipperary“ eines dieser vielen modernen Multiplayer-Solitärspiele“, schreibt er. „Glücklicherweise weiß das Spiel hinter dem Thema ebenfalls zu überzeugen, auch wenn es die ein oder andere kleine gestalterische Schwäche hat.“ ¹
Für Udo Bartsch ergibt sich der Reiz aus „den widersprüchlichen Zielen“, schreibt er. „Destillerien will ich nach außen legen, damit ich Getreidefelder anlegen kann. Getreidefelder will ich auch nach außen legen. Moore auch, Ruinen auch. Man ahnt es: Nicht alles kann außen liegen, weil mein Gebiet sonst zerfranst. Und dann sind da noch meine Schäfchen, die ich irgendwie zusammenhalten will. Mit der Wahl eines von zwei Plättchen und dessen Ausrichtung und Platzierung ist man gut beschäftigt.“ Für Bartsch ist „Tipperary“ zwar „nicht gerade ein originelles Spiel. Die wesentlichen Zutaten hat man schon anderswo gesehen. Doch ein Spiel ist eben mehr als die Addition der Elemente, und in dieser Kombination und zusammen mit dem gut gewählten Thema und der gelungenen Illustration ergibt sich ein angenehmes Wohlfühl-Paket“, schreibt er. Seine Spielerunden hätten immer mehr als eine Runde spielen wollen. Auch Bartsch kritisiert die instabilen Türme, den sehr klein geratenen Beutel und vor allem „die auf den Plättchen sehr unauffällig geratenen Bonusschaf-Symbole, die immer wieder übersehen werden.“²

Johanna France hebt positiv hervor, dass alle Spielerinnen und Spieler gleichzeitig an der Reihe seien, es gäbe keine großen Wartezeiten. Und während die zu treffenden Entscheidungen zwar klein seien, „funktioniert ganz gut, sich da was Schönes aufzubauen.“ Zu kritisieren hat sie die Punkteverteilung: „Es ist schwierig, mehr Punkte durch sowohl die Whiskeybrennereien als auch durch die Schafe zu kriegen“, sagt sie, diese machten nur etwa ein Drittel der Punkte aus. Das Rechteck mit der Puzzlefläche ergäbe deutlich mehr Punkte – aus France‘ Sicht ein Ungleichgewicht.³

¹ Fjelfras – Kritisch gespielt: Tipperary
² Rezensionen für Millionen: Tipperary
³ Spümaschin für Juni 2023