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Kritikenrundschau: Yukon Airways – Ruf der luftigen Wildnis

Was braucht man zum Fliegen? Bestimmt zunächst eine von diesen Lederjacken mit Fellkragen und noch eine Fliegerbrille mit sehr großen, verspiegelten Gläsern. Bei „Yukon Airways“ (Al Leduc bei Ludonova) braucht es allerdings auch genaue Planung. Unsere Jurymitglieder sind in ihren jeweiligen Medien ins Cockpit gestiegen und haben Passagiere über die kanadischen Weiten des Yukon chauffiert.

„Wir besitzen ein Charterflugzeug und fliegen Reisende durch den Nordwesten Kanadas. Jeder Flug kostet uns Karten, die (unter anderem) die Zielorte bestimmen, und Benzin. Der Lohn: Geld plus farbige Marker, die wir an den Reisezielen einsammeln“, erklärt Udo Bartsch das Spiel. „Motor des Spiels ist ein Würfelpool. Würfel in fünf Farben werden geworfen; reihum bedienen wir uns. Die Augenzahl bestimmt über Spielreihenfolge und Boni. Starke Boni bewirken, dass man beim Losfliegen spät an die Reihe kommt. Angepeilte Marker hat dann eventuell schon jemand weggeschnappt. Die Würfel stellen zugleich die Reisenden dar. Ihre Farbe interessiert also wegen der Marker auf dem Spielplan. In der Auswahl-Phase muss ich so einiges gedanklich verknüpfen: Welche Reiseziele und Sonderaktionen erlauben meine Handkarten und wo könnte ich demzufolge hinfliegen, um möglichst a) Städte zu erreichen, in denen ich noch nicht war, und b) bunte Marker abzugreifen?“

Als „komplex“ gestalten sich, findet Bartsch, die Rechnungen, die während des Spiels angestellt werden müssen, gerade in späteren Runden, „da Symbolkombinationen auf den gespielten Karten Vergünstigungen bringen und man unter bestimmten Umständen Karten als Benzin-Ersatz abwerfen darf. Und was man da in welcher Reihenfolge auslegen, nutzen, abwerfen wird, muss man komplett durchrechnen, schon während man die Augenwürfel nimmt.“ Der ganze Flug müsse im Voraus organisiert werden. Dazu käme ein „schmerzliches Handkartenlimit“ und einiges an Zufall. Ein „rundes und gelungenes Spiel“ sei „Yukon Airways“ zwar. „Den ganz großen Durchbruch hat es bei mir dennoch nicht geschafft. Ich hätte mir etwas mehr Handlung und etwas weniger Rechnerei gewünscht“, schreibt Bartsch. Vier von sieben Sternen erreicht das Spiel in seiner Wertung – und damit den Rang „solide“.¹

Gerade das Rechnen gefällt Julia Zerlik dagegen sehr. Welche Passagiere sollen mitgenommen werden? Welche Verbesserungen geholt? Wohin soll es gehen? Reicht das Benzin? Es gäbe viele kleine Stellschrauben, an denen gedreht werden könne, um das Maximum aus den Flügen rauszuholen. „Es gefällt mir gut, weil es so schön verzahnt ist“, sagt Zerlik. „Man kann wirklich jedes Mal was anderes ausprobieren.“ Nur durch die Handkarten kommt ihr etwas zu viel Glück ins Spiel. „Wenn man gerade am Anfang ein bisschen was Blödes erwischt, dann muss man das irgendwann später wieder aufholen. Es spielt sich flott, wenn man gut in den Regeln drin ist“, sagt sie, gerade zu zweit. Aber auch zu viert spiele es sich sehr gut. Insgesamt ist Zerlik von „Yukon Airways“ überzeugt. „Es ist sehr abwechslungsreich“, sagt sie und findet, es sei „ein sehr, sehr gelungenes Spiel“.²

Auch das altgediente Fliegerduo Stephan Kessler und Manuel Fritsch hat sich in den wilden Yukon-Wolken getroffen, um über „Yukon Airways“ zu sprechen. Besonders heben die beiden hervor, dass das Spiel ein sehr persönliches des Autors Al Leduc ist – er selbst hat am Yukon gewohnt, vieles von ihm und seinen Erinnerungen sind in das Spiel eingeflossen. „Man merkt es dem Spiel an, dass es ein Herzensprojekt war“, findet Fritsch. „Diese Liebe, die in das Spiel geflossen ist, ist auf mich übergeschwappt“, sagt auch Kessler. Dennoch sei das Spiel „verkopft“, meint er, also etwas für Menschen, die gerne im Voraus planen. „Das ist nicht für jeden was. Da gibt es manche Fettnäpfchen, in die man reintritt.“ Ein kompliziertes Spiel sei es dennoch nicht, jedenfalls keines mit vielen vertrackten Sonderregeln. Ihn persönlich hätte das Spiel sehr „abgeholt“ und „herausgefordert“.
Fritsch ist nicht ganz so enthusiastisch, was „Yukon Airways“ angeht. „Ich möchte es mehr mögen, als ich es eigentlich mag“, sagt er. „Es ist schön thematisch“, jede einzelne Komponente sei gelungen. Auch er findet das Spiel sehr „planungsorientiert“. Man könne es nicht „aus dem Bauch heraus spielen“, kritisiert er. „Es könnte einen Ticken fluffiger sein, einen Ticken zugänglicher.“³

Auch in unserem spielerischen Quartett #5 war „Yukon Airways“ Thema. Das Spiel hatte Stephan Kessler mit in die Runde gebracht. „Man merkt dem Spiel an, dass unglaublich viel Herzblut drin liegt“, sagt Bernhard Löhlein dort. Er findet das Spiel insgesamt „sehr elegant gelöst“, allein die zufällige Kartenauswahl sei zu bemängeln. „Das kann einen schon ziemlich abhängen in dem Spiel.“ Auch die zahlreichen Optimierungsmöglichkeiten, gerade für das Cockpit, könnten dafür sorgen, dass sich das Spiel etwas hinziehe.

¹ Rezensionen für Millionen: Yukon Airways
² Spiel doch mal…: Yukon Airways
³ Insert Moin: Le Brett vom 15.1.2021 (kostenpflichtig)