Legespiele haben etwas Besonderes an sich: Aus dem Nichts entsteht im Verlauf des Spiels ein vollständiges Bild. VENICE CONNECTION ist in dieser Hinsicht sehr attraktiv, weil sich hier die Lagunenstadt langsam entwickelt. „Ein total veralextes strategisches Legespiel“ lautet der Untertitel zu VENICE CONNECTION. Spielerinnen und Spieler, die nicht gerade vierhundertprozentig in der Szene zuhause sind, können mit dieser Bezeichnung wohl nicht sehr viel anfangen. „Ein total verzwicktes Legespiel“ wäre da vermutlich nützlicher gewesen. Nun, das kleine Rätsel, das das Gestaltungsteam um Johann Rüttinger dem Publikum stellt, ist einfach zu lösen: „Veralext“ bezieht sich auf den Autor des Spiels, Alexander Randolph, für den er schon mehrere Titel graphisch umgesetzt hat. Gleichzeitig signalisiert das Eigenschaftswort, dass es sich hier um ein Spiel handelt, das für Randolph besonders typisch ist. Dieser hat sich, seit er Spiele entwickelt, immer wieder intensiv mit dem Problem der Sprünge, Ketten und Linien auseinandergesetzt. Viele seiner Spiele drehen sich um die Frage: Wie verbinde ich am schnellsten zwei Punkte miteinander, ohne dass mir meine Mitspieler in die Quere kommen?
Ausprobieren kann man dies an Randolphs Klassiker TWIXT und in dessen Weiterentwicklungen WÜRMELN und SISIMIZI. Besonders schön ist das Legeprinzip aber in VENICE CONNECTION durchgezogen, und zwar in doppelter Hinsicht: Erstens vermitteln Material und Gestaltung den Inhalt des Spiels in perfekter und gleichzeitig diskret-zurückhaltender Art und Weise, die das Spiel nicht erdrückt – langsam entsteht die Lagunenstadt Venedig, in der Autor Alexander Randolph lange lebte. Zweitens bietet VENICE CONNECTION genau die Herausforderung, die Fans von Legespielen wünschen – Taktik, Planung und ein gewisses Vorstellungsvermögen, das sagt, wie sich das Bild im Verlauf des Spiels entwickeln wird.
VENICE CONNECTION ist leicht verständlich: Mit den 16 beidseitig bedruckten Karten, auf denen je ein gerades oder ein gebogenes Stück Kanal abgebildet ist, muss man versuchen, einen durchgehenden Kanal zu bilden, wobei nicht alle Karten verwendet werden müssen. Wer an der Reihe ist, darf eine, zwei oder drei Karten auf den Tisch legen. Wer das letzte Verbindungsstück einsetzen kann, hat gewonnen. Der Witz des Spiels besteht darin, seine Karten so zu setzen, dass man selbst immer noch zum Ziele kommen kann, den Mitspieler jedoch dazu verleitet, in seinem Zug einen „Fatalen Fehler“ – so hieß die erste Version des Spiels – zu begehen. Bemerkt ein Spieler nach einem gegnerischen Zug, dass es mit den übrig gebliebenen Karten keinen durchgehenden Kanal mehr geben kann, ruft er: „Unmöglich!“ Worauf der Gegner den Beweis antreten muss, dass ein Erfolg trotzdem noch möglich ist. Wie alle Legespiele ist VENICE CONNECTION ein ruhiges, eher unauffälliges Spiel. Wer beim Spielen Action sucht, lasse die Hände lieber davon. Wer aber auch ein ästhetisches Vergnügen sucht, der hat hier ein kleines Bijou.