Mit einer Runde „Sky Team“, dem Spiel des Jahres 2024, beginnt der erste Parlamentarische Brettspielabend im Bundestag: Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ist Copilotin, der Spiel-des-Jahres-Vorsitzende Harald Schrapers der Pilot. Eine Bruchlandung können die beiden verhindern. „Kooperatives Arbeiten ist die Botschaft“, lautet das zufriedene Fazit von Bärbel Bas. Sie könne sich vorstellen, dass Koalitionsausschüsse besser funktionieren, wenn man mit einer Partie „Sky Team“ starte, um die Gemeinsamkeiten zu betonen. Inzwischen wissen wir: Der Wunsch der Bundestagspräsidenten hat sich nicht erfüllt.
Die offensichtlichen Parallelen zur Koalitionskrise sind an diesem Abend immer wieder Thema, beobachtet auch die Reporterin der Süddeutschen Zeitung. „Wenn etwa die Begrüßungsrednerinnen über die positiven Werte sprechen, die Gesellschaftsspiele vermitteln können – Empathie, Kommunikation, Strategie, Teamwork – dann werden an den Spieltischen Augenbrauen hochgezogen. Die Gäste werfen sich wissende Blicke zu, Politik und Spiel sind sich eben doch näher, als es auf den ersten Blick scheint.“
Für Bärbel Bas hängen am Brettspiel auch Kindheitserinnerungen – vor allem die neuen Spiele zu Weihnachten, die mit den fünf Geschwistern immer sofort ausprobiert werden mussten, erzählte sie zur Eröffnung des Spieleabends. „Ich bin wirklich dankbar, dass so viele gekommen sind. Wir hatten ja schon viele Veranstaltungen mit digitalen Spielen. Aber das wir uns heute dem Brettspiel widmen, finde ich super“, so Bas.
Momente der Verbundenheit
Gut 60 Menschen sind auf Einladung des Spiel des Jahres e.V. ins Jakob-Kaiser-Haus des Bundestages gekommen, darunter nicht nur die Bundestagspräsidentin, sondern auch Abgeordnete aus den Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP. „Eine Veranstaltung die sicherlich in Erinnerung bleiben wird“, betont Ulrike Bahr, Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Spielen sei eine „wichtige Gelegenheit, Zeit miteinander zu verbringen, abseits vom Alltagsstress. Das schafft Momente der Verbundenheit, die in unserer schnelllebigen Zeit sehr kostbar und selten geworden sind.“ Auch für ältere Menschen sei das Spielen „ein wunderbares Mittel, aus der Isolation herauszukommen“.
„Brettspiele sind schlichtweg Kulturgut“, unterstreicht die Kulturausschussvorsitze Katrin Budde, die gemeinsam mit Ulrike Bahr Schirmherrin des Abends war. „Man hat sie vor tausenden von Jahren gespielt, und man spielt sie noch immer.“ Sie erinnert daran, dass die deutsche Brettspielkultur auf den Landeslisten des immateriellen Unesco-Kulturerbes in Bayern und Thüringen steht. „Das ist ein Zeichen, wie wichtig für die Kultur in der Gesellschaft Spielen und Spiele sind.“ Das zeigten auch die hohen Besucherzahlen der „Spiel“ in der Messe Essen. 2000 Spiele könne man dort mit 200.000 Menschen spielen, sagt „Spiel“-Chefin Carol Rapp im Gespräch mit der Spiel-des-Jahres-Sprecherin Maren Hoffmann. Rapp sieht einen Trend zu kooperativen und nachhaltig produzierten Spielen. „Wer dort nichts findet, hat die Augen verschlossen.“
„Da muss mehr geschehen“
Gerade deshalb, erinnert Harald Schrapers, „wollen wir, dass das Spiel in der Politik mitgedacht wird. Im Kulturpass für 18-Jährige wurde es vergessen. Da müssen die Hürden weggeräumt werden. Das Brettspiel ist ein Medium, das für den Zusammenhalt in Familien und Gesellschaft, gegen die Vereinzelung und als Kulturgut eine große Bedeutung hat. Da muss mehr geschehen.“
Um das zu unterstreichen, sind auf den Tischen im Jakob-Kaiser-Haus bereits ein gutes Dutzend ausgezeichnete Spiele aufgebaut. Unter anderem schaut Ria Schröder (FDP) vorbei, Franziska Hoppermann (CDU) spielt mit, und die Parlamentarische Staatssekretärin Kerstin Griese (SPD) startet den Abend mit „Die magischen Schlüssel“. Emilia Fester (Grüne) probiert zunächst „Auf den Wegen von Darwin“ aus, um anschließend mit großer Begeisterung auch noch „Trio“, „Schätz it“ und „Captain Flip“ zu spielen. Zwischen „Dorfromantik“, „Cascadia“, „Pictures“, „e-Mission“, „Fun Facts“ und zu späterer Stunde auch „Hitster“ wandern die Abgeordneten mit ihren Mitarbeitenden umher, spielen, lachen und meistern die ein oder andere schwierige Landung in „Sky Team“. Die Spielkultur ist – wortwörtlich und im übertragenen Sinn – im Bundestag gelandet.
Jan Fischer