Autorinnen und Autoren aus Denver, Kopenhagen, Nantes, Norwich, Seattle und Tokio waren für das Spiel und Kennerspiel des Jahres 2022 nominiert und sorgten bei der Preisverleihung für eine in diesem Umfang bislang nicht gekannte Internationalität. Während in den durch die Pandemie geprägten Vorjahren, in denen die „Siegerpöppel“ in kleinerem Kreis übergeben wurden, deutschsprachige Autoren die Gewinner waren, stand diesmal schon vorab fest, dass die Auszeichnungen ins Ausland gehen. „Spielen ist international, es steht für Toleranz und friedliches Miteinander“, sagte Harald Schrapers, Vorsitzender des Vereins Spiel des Jahres. „Denn alle können mitmachen, alle spielen nach denselben Regeln, egal wo auf der Welt“, betonte er bei der Eröffung des Preisverleihungsabends, der in der Nhow Berlin Music Hall am Ufer der Spree stattfand.
Harald Schrapers wies darauf hin, dass die Preisverleihung via Livestream weltweit verfolgt werde, auch in der unter dem verbrecherischen Angriffskrieg Russlands leidenden Ukraine. Der Juryvorsitzende sendete ganz besondere Grüße an Mikhail Malyutenko, der aus Charkiw stammt und als „magic_geek“ auf Instagram über Brettspiele schreibt. „Er musste seine Heimatstadt Charkiw verlassen, er lebt jetzt als Flüchtling in der ukrainischen Kleinstadt Kremenchuk“, berichtete Schrapers. Mikhail Malyutenkos Haus in Charkiw sei von einer Rakete getroffen worden, er habe sein bisheriges Leben, seinen Job und seine Spielesammlung, zu der alle 43 bisherigen Spiel-des-Jahres-Gewinner gehörten, verloren. „Mikhail möchte für die in Kremenchuk lebenden Flüchtlinge einen Brettspieltreff in der örtlichen Bibliothek etablieren, und er bittet uns dafür – wir sind der Bitte gerne nachgekommen – um Spiele.“ Denn Brettspiele würden den Menschen helfen, Kontakte zu knüpfen und ins Leben zurückzukehren.
Ein Ehrengast der Preisverleihung war Michel Matschoss, Co-Autor des 40 Jahre alten Klassikers „Sagaland“, Spiel des Jahres 1982. Er hatte das Spiel gemeinsam mit Alex Randolph, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, entwickelt. Im Gespräch mit dem Vereinssprecher Bernhard Löhlein erzählte Matschoss, welche Hürden es bei der Entstehung des Spiels gab. Erst bei einem Treffen auf der „Dornröschenburg“ in Hessen seien Randolph und er auf den Spielemechanismus gekommen, der das Spiel zu dem gemacht hat, was es heute ist.
Der Däne Aske Christiansen war der erste Sieger des Abends. Sein „Living Forest“ ist als Kennerspiel des Jahres gewählt worden. Moderator Manuel Fritsch, eines des zehn Jurymitglieder, fragte Christiansen, ob die „brennenden Bäume“ in dem Spiel ein Statement zum Klimawandel seien. Die ökologischen Fragen seien ihm sehr wichtig, antwortete der Spieleautor. „Wenn niemand Verantwortung übernimmt, kann es für alle sehr schwierig werden“, beschrieb Christiansen einen wichtigen Mechanismus seines Spiels.
„Cascadia“-Autor Randy Flynn war aus dem Nordwesten der USA nach Berlin gekommen und wurde zum 44. Sieger in der Kategorie Spiel des Jahres gekürt. „Ich bin in den letzten 30 Jahren immer wieder mit dem Rucksack durch Cascadia gewandert“, erzählte er. Diese Landschaft sei einer der Gründe gewesen, warum er in das mitten in der Region liegende Seattle gezogen ist. Als er das Spiel entwickelte, habe er immer auch an die Berge in Cascadia gedacht.