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Praktikumsberichte von Martin Gil-Wünschmann

Praktikumsberichte von Martin Gil-Wünschmann

Museum Ravensburger

Mein Aufenthalt in Ravensburg begann schon einen Tag vor dem Praktikumsbeginn. Es blieb also Zeit, bei Sonnenschein durch die historische Altstadt zu schlendern und dem Museum Ravensburger einen Besuch abzustatten. Das Museum befindet sich im ursprünglichen Verlagshaus mitten im Herzen der Stadt. Otto Maier gründete seinen Verlag 1883. Und schon im Folgejahr erschien das erste Spiel „Die Reise um die Erde“, das dem ein Jahrzehnt zuvor erschienenen und erfolgreichsten Roman von Jules Verne „Reise um die Erde in 80 Tagen“ nachempfunden war. Zu jener Zeit gab es noch keine Lizenzspiele. Doch durch die Wahl des Themas setzte Otto Maier Literatur direkt in ein Reisespiel um.
In den frühen Jahren erschienen Fachbücher und Fachzeitschriften sowie Spiele mit allgemeinbildender Ausrichtung bzw. einem pädagogischen Hintergrund. Auch heute noch findet man in den Produkten mit dem blauen Dreieck den edukativen Aspekt wieder: Von memory über das Kindersachbuch bis hin zum tiptoi-Stift mit audiodigitalem Lernsystem.

Die Welt der Spiele

Am ersten Tag begrüßte mich Spieleredakteur Lothar Hemme an der Rezeption. Mein Arbeitsplatz samt PC war in der Redaktion Gesellschaftsspiele angesiedelt. Dadurch erhielt ich einen unmittelbaren Eindruck von dem Alltag einer Redaktion. Für den Gesamtüberblick waren bereits Termine mit verschiedenen Abteilungen vereinbart. Ein volles und aufregendes Programm für eine Woche. Lothar führte mich zu Beginn durch die einzelnen Redaktionen: Von Lernspiele bis zum Innovationsmanagement. Mich interessierten in starkem Maße auch im weiteren Verlauf des Praktikums die Menschen, die die Spiele auch durch ihre Individualität mitgestalten.

Auf dem Betriebsrundgang wurde die Größe des Standortes in Ravensburg deutlich. Knapp 900 Mitarbeiter arbeiten hier. Weltweit sind es über 1500. In Ravensburg befindet sich die Zentrale samt Verwaltung. In Oberschwaben werden hauptsächlich Produkte aus Papier und Pappe gefertigt. Außerdem befindet sich in Ravensburg das Zentrallager. Von hier aus gehen alle Ravensburger Produkte in die Welt. Ein zweiter Produktionsstandort existiert in Tschechien. 85 Prozent aller Artikel werden in eigenen Produktionsstätten gefertigt.

Gleich am ersten Tag fiel mir die aufgeschlossene und hilfsbereite Atmosphäre im Unternehmen auf. Spiele sind am Ende immer ein Team-Ergebnis. Und in der recht großen und arbeitsteiligen Struktur bei Ravensburger sind permanent Absprachen untereinander notwendig.

Strategische Programmplanung

Am Anfang steht die Spielidee. So arbeiten vor allem kleinere Verlage. Ravensburger setzt noch viel früher an. Das Unternehmen plant anhand von Marktbeobachtungen und den Verkaufszahlen der eigenen Spiele für jedes Segment sowie für die internationalen Märkte im Voraus, welche Art von Spiele für das übernächste Jahr gesucht werden. Die Redakteure der einzelnen Ressorts suchen dann gezielt nach entsprechenden Spielen. 80 Prozent der Spieleneuheiten werden strategisch geplant. Die restlichen 20 Prozent bleiben undefiniert, damit auch gute und innovative Spielideen außerhalb der Suchfelder eine Chance haben. Die Spielideen werden fast ausschließlich von professionellen und semiprofessionellen Spieleautoren eingereicht. Es gibt keine eigene Abteilung mit Spieleerfindern, denn durch die externen Vorschläge wird die größtmögliche Vielfalt an Ideen gewährleistet. Die Spieleredaktionen schauen sich jedes Jahr etwa 500 Ideen genauer an, woraus etwa 30 ausgewählt und realisiert werden.

(Bild: Drei blaue Riesen-Pöppel im Eingangsbereich der Ravensburger AG. Auf dem mittleren ist Firmengründer Otto Maier im Pop Art-Stil abgebildet.)

Spieletests

Wir hatten ein wenig Zeit, Spiele zu testen. Darauf hatte ich mich besonders gefreut, weil ich erfahren wollte, was aus Ravensburger Sicht wichtig ist für ein gutes Spiel. Während mehrerer Testspiele konnte ich auch zwei Prototypen von mir zeigen.

Das Spieleerfinden bedarf ein wenig Erfahrung. Erst durch viele, viele Spieletests lernt man, worauf es bei einem guten Spiel ankommt. Die Redaktionen erwarten mittlerweile ausgereifte Prototypen. Wer ein Spiel veröffentlichen will, braucht also Beharrlichkeit und eine hohe Eigenmotivation schon bei der Entwicklung der Spiele. Die wichtigsten Auswahlkriterien für ein Spiel bei Ravensburger sind: Das Spiel muss einer größeren Zielgruppe ganz viel Spaß machen. Der Wiederspielreiz muss gegeben sein. Das Spiel muss zu Ravensburger passen. Und das Spiel muss von den Kosten und dem Material her machbar sein. Gerade am letzten Punkt scheitern viele Spielideen.

Schritte der Realisation

Redaktion und Produktmanagement sind bei Ravensburger zwei unterschiedliche Verantwortungsbereiche. Der Redakteur ist der Projektleiter für das Spiel und steuert es durch alle Phasen der Produktentwicklung. Der Produktmanager legt seinen Fokus auf den Markt, das Marketing und die Kosten. Durch die Schnittstelle der beiden Positionen werden Spielspaß und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen forciert.

Anhand eines Projekt-Briefings diskutiert der Redakteur mit der Technischen Produktentwicklung die Anforderungen und die materielle Umsetzbarkeit des Spiels. Die Funktionalität des Materials und die Kosten sind in diesem Schritt wesentliche Faktoren. Anschließend werden die Design-Abteilung und das Qualitätsmanagement in den Prozess eingebunden. Erste Muster werden hergestellt und geprüft. Auf einem Timeline-Meeting wird der Zeitplan definiert. Das Produkt wird nun abschließend entwickelt, von der technischen Dokumentation für jedes Einzelteil bis hin zum Bau von Werkzeugen. Das Spiel muss der Prüfung für das CE-Zeichen und zusätzlichen internen Tests standhalten.
Ein Spiel wird während der Entwicklung allein von der Redaktion in unterschiedlichen Entwicklungsphasen mindestens viermal auf Fehler überprüft. Und ich habe in dem Praktikum erlebt, dass ein Spiel sogar noch ein letztes Mal überprüft wurde, nachdem es schon 20.000 Mal gedruckt war. Der gesamte Entwicklungsprozess eines Spiels dauert durchschnittlich zwischen 12 und 16 Monate.

Redaktionen

Ich besuchte jede Redaktion im Bereich Spiele. Die Anforderungen an ein Spiel unterscheiden sich stark, ob nun Lernspiel oder Lizenzspiel. Ravensburger hat für jeden Bereich seine Spezialisten.

Lernspiele:
Das Lernspiel knüpft bei Ravensburger an alte Traditionen an, da auch schon Gründer Otto Maier seine Produkte Sinn stiftend entwickelte. Natürlich haben sich in der Zwischenzeit die Lernspiele verändert. Das Lernen finden oftmals unterschwellig und ganz nebenbei statt (z.B. „Die freche Sprechhexe“ ab 4 Jahre oder „Erzähl mir was vom Bauernhof“ ab 2 Jahre). Die Spiele wenden sich an die Zielgruppe bis 10 Jahre. Die Lernwelten orientieren sich in der Regel an den Orientierungs- und Bildungsplänen der Kultusministerien. Die Lernspiele wachsen durch die unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen mit den Kindern mit. Sie werden zusammen mit Pädagogen und Wissenschaftlern entwickelt. Ein Lernspiel auf eigene Initiative bei Ravensburger zu platzieren, ist sehr unwahrscheinlich. Hier werden fast ausschließlich Auftragsarbeiten an Spieleautoren vergeben.

ministeps:
Für die ganz Kleinen bis zum Alter von 36 Monate gibt es die Produktgruppe ministeps. Entsprechend dem Alter finden wir hier Spielzeuge und Bilderbücher, die zum freien Spielen einladen: Ob musikalischer Softwürfel, Knister-Blümchen oder Bilderbuch mit haptischen Gimmick. Das Label ministeps gibt es bald zehn Jahre. Als Regelspiele für die Kleinen unter 3 Jahre kennen viele Eltern sicherlich „Mein erstes Mitmach-Spiel“ und „Mein-Mäuschen-Farbspiel“ jeweils ab 30 bzw. 24 Monate.

tiptoi:
Der tiptoi-Stift passt ganz besonders zu Ravensburger: Klassische Bücher, Puzzles und Spiele werden mit dem tiptoi-Stift lebendig und mit Rückmeldung und Selbstlernkontrolle verbunden. Das Produkt erklärt sich sogar selbst: Einschalten und der Einführung ins Spiel lauschen. Auch die bei Ravensburger erstmals erschienenen Wimmelbilder passen gut zum tiptoi. Auf den Abbildungen gibt es mit dem Stift viel zu entdecken: Die Tiere geben Laute von sich, die Instrumente klingen usw. Die Kinder erfahren und erleben durch Bilder und die Sound-Ausgabe des tiptoi die jeweilige Welt. Während die meisten tiptoi-Medien auf Kinder im Alter von 4-10 Jahren abzielen, sind jetzt ganz neu auch Familienspiele für das Alter 7-99 Jahre erschienen. Die Möglichkeiten des tiptoi scheinen auch aus Spieleautoren-Sicht noch lange nicht ausgeschöpft.

Kinderspiele:
Der Kinderspielebereich gestaltet sich bunt und vielfältig. Somit sind in der Kinderspiele-Redaktion schon alleine vier Redakteurinnen beschäftigt. Das Spielmaterial kann auf Kinder einen verführerischen Aufforderungscharakter ausüben und hat beim Kinderspiel einen besonderen Stellenwert. Augenfällig ist das Material bei den 3D-Aktionsspielen (z.B. „Plitsch-Platsch Pinguin“) und bei Brettspielen in der rechteckigen Schachtel, wo das Material den Spielmechanismus erst ermöglicht (z.B. „Das große Kullern“ oder „Mausgetrixt“). Als außerordentlich erfolgreiche Reihe entwickelte sich zuletzt das Kinderspiel in Kombination mit Elektronik. Nach „Wer war’s?“ wurde jetzt auch „Schnappt Hubi!“ mit den Preis Kinderspiel des Jahres ausgezeichnet.

Innovationsmanagement:
Die Kombination Brettspiel und Elektronik greift auf eine 10-jährige Erfahrung bei Ravensburger zurück. Vorläufer war das Spiel „King Arthur“ aus dem Jahr 2003. Die Spiele-Redaktionen entwickeln ihre elektronischen Brettspiele in enger Zusammenarbeit mit der Redaktion Innovationsmanagement. Hier werden Technologien untersucht, ob sie sich für die Integration in Brettspiele eignen. Und sie werden so adaptiert, dass sie überhaupt erst in einem Spiel sinnvoll eingesetzt werden können. Einerseits sucht das Innovationsmanagement nach neuen Möglichkeiten und anderseits versucht es herauszufinden, wo die Limitierungen der Technik im Rahmen der Brettspiele liegen. Auf dieser Grundlage entstand z.B. auch der tiptoi-Stift. Die eingesetzte Technik soll aber den ursprünglichen Charakter des Mediums Buch, Puzzle bzw. Brettspiel beibehalten. Man soll nicht den Eindruck gewinnen, ein Telespiel erworben zu haben.

Gesellschaftsspiele:
Die Grenze zwischen einem Kinderspiel und einem Familienspiel setzt man anhand des Einstiegsalters. Sie liegt bei ca. 8 Jahren. Vier Redakteure betreuen den vielfältigen Bereich von „Scotland Yard“ über Reihen wie „Make’n’Break“ bis hin zu Partyspielen wie „Schlag den Raab“.
Ich hatte meinen Arbeitsplatz in der Redaktion Gesellschaftsspiele. Die ersten kleinen Aufgaben warteten schon: Spielesets für eine interne Neuheiten-Demonstration zusammenstellen; beim Basteln eines Prototyps unterstützen; Fehler auf Andrucken von neuen Spielen suchen, die in die Produktion gehen sollen. Wer glaubt, als Spieleredakteur würde man den ganzen Tag spielen, wird eines Besseren belehrt. Die Redakteure (beg-)leiten den gesamten Entwicklungsprozess eines Spieles. Das Prototypen-Testen nimmt dabei nur einen kleinen Teil der Zeit in Anspruch.

Lizenzspiele:
Wenn der Maulwurf oder SpongeBob auf dem Schachteldeckel lachen, sind wir im Bereich der Lizenzspiele angekommen. Mit den Lizenzspielen erreicht man auch Kunden, die oftmals gar nicht so intensiv spielen. Entsprechend selbsterklärend muss das Spiel schon anhand der Schachtel sein oder auf ein bekanntes Spielprinzip wie „Mau Mau“ zurückgreifen. Der Käufer weiß sofort, was mit dem Spiel auf ihn zukommt. Im Lizenzspiel wird das Thema des Films, der Figur oder der jeweiligen Welt aufgegriffen. Das Thema ist erstes Auswahlkriterium für den Käufer. Lizenzspiele sind ganz besonders in Italien und Großbritannien beliebt.

International:
In einer eigenen Redaktion werden erfolgreiche Spiele für die ausländischen Märkte adaptiert, geplant und koordiniert. In regelmäßigen Abständen treffen sich auf dem Internationalen Produktmanagement Meeting auch die ausländischen Töchter (z.B. Frankreich, Großbritannien, USA). So werden die Bedarfe der jeweiligen spezifischen Märkte berücksichtigt und die Spiele werden kultur- und marktspezifisch umgesetzt.

Die Woche war rundherum gelungen und viel zu schnell vorbei. Das Besondere lag in der Aufgeschlossenheit der Menschen, denen ich begegnete. Ich konnte regelrecht spüren, wie Ravensburger tickt und was die einzelnen Redakteure, Produktmanager und Mitarbeiter umtreibt. Die ganze Woche war wie in einem Rundum-Sorglos-Paket durchgeplant, und Begegnungen waren auch außerhalb der Arbeitszeit möglich. Die Grenze zwischen Spiel, Arbeit und Freizeit verschwimmt für uns Spiele-Begeisterte nur allzu leicht. Ich bedanke mich beim Ravensburger-Team herzlich. Das waren fünf aufregende Tage, die auf mich einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

Entdeckungsreise im Spielschiff

Das Spielwarengeschäft Spielschiff in Düsseldorf-Pempelfort hatte ich mir als Station für das Stipendium ausgesucht. Denn schon bei meinem ersten Besuch im Laden war mein Entdeckergeist geweckt und ich fühlte mich in meine Kindheit zurückversetzt. Ich bemerkte auch, warum: Hier finde ich Spielsachen mit dem gewissen Etwas. Artikel, die ich woanders nicht so schnell finde. Sehr schnell nahm ich diverses Spielzeug in die Hand und beschäftigte mich damit. Mitten im Geschäft lädt ein großes Holzschiff zum ausgelassenen Spielen der Kinder ein. Kinder können sich eine Kugelbahn bauen oder mit einem Puppenhaus spielen. Mehrmals beobachtete ich während der drei Tage, wie Kinder in die Spielbereiche liefen und die Mütter kaum hinterher kamen. Kinder und Eltern konnten sehr viel Zeit in dem Geschäft verbringen.

Das Praktikum sollte mir Aufschluss geben, was sich Kunden wünschen. Nach welchen Kriterien wird ein Spiel ausgewählt und was hilft den Käufern bei der Entscheidung? Und was braucht der Fachhandel, damit er ein Spiel leichter an das Kind bringen kann? Mir war es nur sehr recht, dass das Spielschiff ein breites Sortiment anbietet und Brett- und Kartenspiele nur ein Segment daraus darstellen. Denn das Gesellschaftsspiel steht im Ladengeschäft in Konkurrenz zum Spielzeug. Aber ist das Brettspiel attraktiv, wenn es von all den anderen Reizen umgeben ist?

Eine Umfrage unter den Kunden

Den kompletten zweiten Tag verbrachte ich damit, die Kunden zu befragen. Trotz der stattlichen Stichprobe sind die Ergebnisse nicht repräsentativ. Daher vermeide ich exakte Prozentzahlen und gebe nur die ganz deutlichen Ergebnisse wieder:

Zentrale Ergebnisse aus der Umfrage:

  • Etwa die Hälfte der Kunden kam in das Geschäft, um auf Entdeckungsreise zu gehen und sich inspirieren zu lassen. Nur etwas mehr als die Hälfte der Kunden wusste schon vor Betreten des Geschäfts, was sie in etwa suchte. Und auch ein Viertel der Gruppe mit genaueren Vorstellungen wollte sich zusätzlich inspirieren lassen.
  • Die Entscheidungskriterien beim Kauf von Spielzeug / von Spielen waren sehr unterschiedlich und oftmals nicht bewusst.
  • Deutlich mehr als die Hälfte der Kunden suchte ein Geschenk. (Die Umfrage fand Mitte Januar statt, kein Weihnachtsgeschäft.) In der Regel ging es um ein Geburtstagsgeschenk.
  • Die Käufer waren fast ausschließlich Erwachsene. Sie kamen etwa zur Hälfte zusammen mit Kind. Nur in ganz seltenen Fällen kam ein Kind ohne Begleitung. Nur etwa jeder Sechste der erwachsenen Kunden war ein Mann.(Die Umfrage fand mitten in der Woche ganztags an einem Dienstag statt. Die Männerquote steigt am Wochenende, berichteten mehrere Verkäufer. Außerdem muss man die spezielle Zielgruppe des Spielschiffs berücksichtigen).

Im Folgenden schildere ich meine subjektiven Beobachtungen, um sie deutlich zu pointierten:

Hilfe! Orientierung, bitte

Gesellschaftsspiele (ich unterscheide Spiel in Abgrenzung zu Spielzeug) werden fast nur von Erwachsenen gekauft, auch die Kinderspiele! Man steht vor dem Regal und schaut auf verschiedene Pappschachteln. Das ist wenig attraktiv. Titel und eine Grafik geben einen ersten Hinweis. Aber selbst nach dem Lesen der Rückseite der Spielschachtel bleiben Fragen offen: Macht das Spiel Spaß? Verstehe ich die Spielanleitung? Am Ende kauft man eine „Black Box“ mit einigen Ungewissheiten. Im Zweifel kauft man lieber etwas, das man schon vor dem Kauf versteht.
Außerdem sind die bunten Spielschachteln für den wenig über Gesellschaftsspiele informierten Normalkunden relativ austauschbar: eben eine Verpackung, wo man noch kein Spielmaterial anfassen und nichts ausprobieren kann. Da ist die Wahl schwierig. Spielschachteln eignen sich für den Normalkunden kaum für ein Einkaufserlebnis. Hier schneiden Spielzeuge deutlich besser ab. Für die Vielspieler hingegen üben die Spielschachteln ihren Reiz aus. Denn diese recht kleine Zielgruppe von ca. 10.000 Personen in Deutschland ist in der Regel gut informiert. Auch die Anleitung schreckt sie nicht ab.

Für den Gelegenheitsspieler oder den Onkel, der ein Geschenk sucht, ist es dagegen eine Hilfe, wenn er das Spiel kennt. Darum laufen die Klassiker wie „Mensch ärgere Dich nicht“ und „Monopoly“ auch heute noch gut. Oder der Kunde hat eine Empfehlung von einem Bekannten bekommen. Dann fragt er im Geschäft gezielt nach dem Spiel. Am Ende wird er sich für das Produkt entscheiden, zu dem er das beste Gefühl hat. Der stellvertretende Filialleiter Michael Steinke bringt es auf den Punkt: „Wir verkaufen Emotionen.“ Mit dem Spiel verbindet man Erfahrungen bzw. Erwartungen – im Idealfall. Ein gutes Gefühl kann ich nur entwickeln, wenn ich das Spiel einschätzen kann oder damit etwas Bekanntes verbinde.

Wie wichtig sind dem Kunden Innovationen im Brettspiel?

Welcher Spieleautor versucht nicht, etwas Neues, etwas Innovatives zu erfinden? Aber auch ein neonfarbener Aufkleber auf der Spielschachtel mit der Aufschrift „Das Spiel enthält folgenden neuartigen Spielmechanismus: …“ würde wieder nur die Spiele-Freaks locken. Die Freaks achten auf Innovationen, die Gelegenheitsspieler dagegen nicht. Sie interessiert vielmehr der Spielspaß. Innovationen sind im Spiele-Bereich für den Normalkunden kein entscheidendes Kriterium, so meine These. Die Pappschachtel überrascht zu wenig und das Besondere des Spiels wird meistens nicht sofort erkennbar.

Beim Spielzeug ist das schon wieder anders: Das kann man häufig anfassen und unmittelbar wahrnehmen. Ungewöhnliches Spielzeug überrascht und bietet Kaufreize. Der Unterschied ist: Man sieht einer Spielpappschachtel die Innovation des Spiels nicht an. Es fehlt der unmittelbare Reiz. Zudem sind die meisten Innovationen im Brett-, Karten- und Würfelspiel marginal oder bestehen oft aus einer neuartigen Zusammensetzung bewährter Spielmechanismen.

Und was bringt Aktualität bei Spielen? Immerhin werden jährlich in Deutschland über 800 Neuerscheinungen veröffentlicht. Der Markt wird mit frischen Spielen geradezu überflutet, mit dem Ergebnis, dass die meisten Spiele bereits nach zwei Jahren wieder vom Markt verschwinden. Die Verlage sind entsprechend immer auf der Suche nach etwas Neuem, einer Spielidee, die so noch nicht da gewesen ist. Das Problem dabei ist: Die große Zielgruppe der Gelegenheitsspieler bemerkt Neuheiten kaum, weil Sie das Angebot nicht kontinuierlich beobachtet. Spiele von vor drei und mehr Jahren werden oftmals noch als neu empfunden.

Für die Kaufentscheidung im Ladengeschäft sind für den spontanen Kunden die Platzierung des Spiels im Geschäft und die Begeisterung des Verkäufers relevanter als ein innovativer Spielmechanismus. Im Gegenteil: Viele Gelegenheitsspieler ziehen ein ihnen bekanntes Spiel vor. Da wissen sie, was sie bekommen.

Fazit

  • Spiele stehen in Konkurrenz zum Spielzeug. Spiele sind im direkten Vergleich mit Spielzeug für die meisten Kunden weniger attraktiv. Bei der Entwicklung, Gestaltung und Warenpräsentation von Spielen kann man aus dem Spielzeug-Bereich lernen.
  • Das Produkt braucht Aufforderungscharakter, muss leicht verstanden werden, sollte attraktiv sein und Spaß versprechen. Im Ladengeschäft entscheidet der Kontakt mit dem Produkt. Der Kunde verwendet seine Sinne, entscheidet spontan und emotional.
  • Vorteilhaft ist, wenn das Produkt augenscheinlich überrascht und etwas Besonderes ausstrahlt. Spiele sollten natürlich innovativ sein und das Besondere versprechen. Das sollte aber durch die Warenpräsentation schnell erkennbar werden.
  • Außerdem sollten Spiele, sofern man einen breiten Markt ansprechen will, eine niedrige Einstiegshürde haben und das bereits auf der Verpackung vermitteln.
  • Spiele haben eine längere Halbwertzeit verdient, da der Massenmarkt Neuerscheinungen spät wahrnimmt (abgesehen von Ausnahmen durch Auszeichnungen wie „Spiel des Jahres“ und TV-Werbung etc.). Der Erfolg eines Spiels wird stark durch Mundpropaganda beeinflusst. Die kann sich im Markt der Gelegenheitsspieler erst über mehrere Jahre nachhaltig entwickeln.
  • Erwachsene Frauen sind oftmals die Entscheidungsträger beim Einkauf von Spielwaren. Selbst das Kinderspiel sollte auf einen Erwachsenen einen Reiz ausüben bzw. einen Sinngehalt vermitteln.
  • Spiele werden zu einem wesentlichen Anteil zum Verschenken gekauft. Wenn der Schenkende mit Gesellschaftsspielen nicht viel anfangen kann, wird er meistens etwas anderes verschenken. Der Schenkende braucht zu Brett- und Kartenspielen Orientierung, damit er das gute Gefühl hat, keinen Fehlgriff zu verschenken.

Interview mit der Inhaberin Beatrix Rosenberg

Wie heben Sie sich mit dem Spielschiff vom Markt ab?
Beatrix Rosenberg: In erster Linie heben wir uns über die Auswahl der Artikel ab: Wir führen überwiegend hochwertige Spielwaren, oftmals aus Holz. Artikel, wie sie bei Toys’R’Us oder bei Kaufhof stehen, wie zum Beispiel Barbie, haben wir nicht. Serien oder stark beworbene Artikel sparen wir überwiegend aus. Bei uns hat sich die Auswahl über die Jahre immer wieder verändert. Es lohnt sich, bei uns reinzukommen, weil immer wieder etwas Neues und etwas anderes da ist.
Die Ware soll emotional ansprechen, so dass sich die Leute freuen, wenn sie die Sachen sehen. Die Kunden sollen Spaß daran haben, eventuell mal die Sachen in die Hand nehmen und sich von der Qualität und vom Material überzeugen. Unsere Präsentation soll anders wirken als im Kaufhaus – mit mehr Dekoration. Die Kinder können sich während des Einkaufs spielend beschäftigen.

Worauf legen Sie Wert bei der Auswahl Ihres Angebots?
Beatrix Rosenberg: Ein Auswahlkriterium unseres Angebots ist der Spielwert. Die Spielidee muss gut sein und der Artikel sollte unterschiedlich nutzbar sein. Kinder sollen fantasievoll mit Spielzeug spielen können und es sollte mehr als nur eine Funktion haben.
Zusätzlich ist die Qualität ein wesentliches Kriterium. Kinder sollten mit schönen, qualitativ hochwertigen Dingen in Kontakt kommen. Einfach um das kennen zu lernen und Unterschiede zu erleben.

Brettspiele, Lego, Playmobil etc. sind als Produkt leicht vergleichbar und unterliegen damit einem hohen Preiswettbewerb. Muss man als Fachgeschäft seinen Schwerpunkt auf weniger vergleichbare Produkte legen? 
Beatrix Rosenberg: Das ist ganz wichtig. Zum einen ist die Gewinnspanne in den genannten Bereichen gering. Ich halte mich da an die unverbindlichen Preisempfehlungen. Dann gibt es Artikel, die nicht vergleichbar sind, die man nicht überall findet, die mal was Besonderes sind und wo die Leute sagen: „Ach toll, habe ich noch nie gesehen“. Die Kunden kommen hier hin und wissen, sie finden regelmäßig immer wieder neue Dinge, die überraschen, die Spaß machen und die man nicht in jedem Real oder Kaufhof findet.

Ein Blick in die Zukunft: Einzelhandelsgeschäfte und insbesondere Spielwarengeschäfte sind insgesamt auf dem Rückzug. Das Spielschiff wächst allerdings gegen den Trend. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung bezüglich Internet-Handel, Discounter und Markt-Konzentrationen auf wenige große Anbieter?
Beatrix Rosenberg: Ich glaube, die beschriebene Entwicklung wird weiter zunehmen. Vor allem das Internet-Geschäft wird noch weiter wachsen. Ich bin mir aber sicher, dass die Klientel, die wir hier bedienen, nach wie vor das Einkaufserlebnis sucht.
Wir haben auch Kunden, die beides machen, die im Internet bestellen und hier kaufen. Da gibt es auch den einen oder anderen Artikel, der bei uns rückläufig sein wird, aber letztendlich in der Summe wird es bei uns auf dem Niveau bleiben bzw. ich habe die Hoffnung, dass der Umsatz bei uns noch weiter ansteigen wird, weil viele gerne den Artikel in die Hand nehmen möchten und bei uns Artikel finden, die sie im Internet nicht einmal suchen, weil sie nicht wissen, dass es sie gibt. Deswegen glaube ich, dass es in unserem Bereich weiter funktionieren wird. Spielwarengeschäfte ohne Spezialisierung, die die Gesamtbreite der Massenprodukte anbieten, wie Barbie-Puppen, SpongeBob und andere Serien, die werden immer mehr Schwierigkeiten haben und so nicht bestehen können. Spezialisieren ist sicherlich ganz wichtig.

Schmidt Spiele

Eine Woche schmidtspielen

Mir fallen vier deutsche Spieleverlage ein, die in den Geschäften auffällig viel Regalfläche einnehmen. Einer davon ist die Schmidt Spiele GmbH. Das spricht für den Vertrieb und das Marketing von Schmidt. Denn gemessen an der Mitarbeiter-Zahl finde ich in der Firmenzentrale in Berlin eine schlanke Struktur vor: Knapp 100 Personen arbeiten in Verwaltung, Vertrieb und Zentrallager. Mitgerechnet ist hier auch die Schmidt-Schwester Kiddinx, die audiovisuelle und elektronische Medien entwickelt und teilweise selber herstellt, vor allem Hörspiele zu „Bibi Blocksberg“ und „Benjamin Blümchen“. Darüber hinaus verfügt Schmidt Spiele über keine eigene Produktion. Die Produktpalette von Schmidt Spiele bietet neben Gesellschaftsspielen außerdem Puzzles, Plüsch und Holzspielzeug. Die sieben Produktmanager präsentieren jährlich weit über 200 Neuheiten.

1912 gründete Josef Friedrich Schmidt den Verlag und machte mit „Mensch ärgere Dich nicht“ (intern „Mädn“ genannt) Brettspiele populär. 1920 war bereits das millionste Mädn verkauft. Die Produktpalette umfasste später unter anderem „Kniffel“, „Spitz paß auf!“ und „Das Schwarze Auge“. 1997 wurde Schmidt von der Berliner Blatz-Gruppe aufgekauft. 2008 kam der Spieleverlag „Drei Magier“ in die Firmengruppe dazu und wurde zur Kinderspiel-Premiummarke mit ansprechendem Spielmaterial ausgebaut. Die Marke Schmidt steht für Kinder-, Familien- und Erwachsenen-Spiele.
Eine ganze Woche durfte ich schmidtspielen und in einen Dialog mit der Redaktion und dem Marketing treten. Natürlich wollte ich herausfinden, was ein gutes Spiel mitbringen muss, damit es bei Schmidt eine Chance auf Veröffentlichung hat. Diese Frage allein wäre aber zu kurz gegriffen. Immerhin agieren im engen Spielmarkt viele Wettbewerber, und unter den Kunden herrscht eine hohe Preissensibilität. Der Aufwand, ein Spiel redaktionell zu bearbeiten und serienreif zu machen, ist hoch (meistens sechs bis zwölf Monate). Der Produktlebenszyklus dagegen ist kurz (in der Regel zwei bis drei Jahre). Und die verkauften Auflagen sind zudem klein (manchmal nur 5000 Stück; 10.000 gilt bereits als erfolgreich). Die redaktionelle Arbeit bewegt sich also innerhalb von Marktzwängen, die Auswirkungen auf die Spielentwicklung haben.

Die Aufgaben des Produktmanagers

Der komplette Prozess der Produktentwicklung läuft über den Produktmanager. In der Zeit, als ich vor Ort war, wurde zum Beispiel ein Kartenspiel grafisch gestaltet. In Absprache mit dem Grafiker hatte der Produktmanager die Karten immer weiter perfektioniert. Der Produktmanager braucht ein gutes Auge, um zu erkennen, wie die Gestaltung den Spielfluss und -spaß steigert. Ohnehin ist das Material ein wichtiger Aspekt. Es gilt, Sicherheitsbestimmungen einzuhalten und die Kosten im Rahmen zu halten. In vielen Fällen, zum Beispiel der Qualitätskontrolle, greift der Produktmanager auf externe Lieferanten zurück, um etwa das CE-Zeichen zu erhalten. Ganz wesentlich ist, dass er permanent mit unterschiedlichsten Ansprechpartnern kommuniziert, egal ob mit Lieferanten oder dem Vertrieb oder auf Events mit Lizenzagenturen und Spieleautoren. Er ist vor allem Schnittstellenmanager.
Einer aktuellen Stellenanzeige der Schmidt Spiele GmbH für einen Produktmanager ist zu entnehmen:

  • „Das Spielziel ist das Aufspüren von Trends und die Neuentwicklung von Produkten. Das heißt, Sie erkennen eine gute Idee und können diese in ein marktfähiges Produkt umsetzen.
  • Mitwirkung bei Produktgestaltung und -entwicklung.
  • Strategische Ausrichtung und Weiterentwicklung des Sortiments sowie Kontaktpflege zu Lizenzagenturen und Autoren.
  • Sie überwachen Termine, führen Markt- und Sortimentsanalysen durch und erstellen Kalkulationen.
  • Weiterhin gehören die Sicherung des Qualitätsstandards, die Präsentation von Sortimenten und die Teilnahme an Messen zu Ihren Aufgaben.“

Der Produktmanager kalkuliert seine Spiele und muss das Budget im Blick halten. Die Produktmanager besprechen wöchentlich den Stand sämtlicher Projekte, setzen gemeinsam Prioritäten und legen Zeitpläne fest. Die Abstimmung und der Austausch untereinander sind eng. Andere Abteilungen haben im Rahmen ihrer Aufgaben zwar Auswirkungen auf die Produktentwicklung, aber bei Schmidt Spiele entscheidet final das Produktmanagement.
Beispielsweise waren in der jüngeren Vergangenheit auch andere Verlage an den Spielen „Qwirkle“, „Die verbotene Insel“ oder „Bumm Bumm Ballon!“ stark interessiert. Schmidt bekam hier jeweils den Zuschlag für die Veröffentlichung: das Ergebnis von Schnelligkeit und kurzen Entscheidungswegen.

Erfolgsfaktoren für den Bestseller

Es gibt mittlerweile jedes Jahr eine unüberschaubare Zahl an neuen Spielideen, die den Spieleverlagen vorgeschlagen werden. Als grobe Faustregel gilt: Auf gut 100 gesehene Prototypen erfolgt eine Veröffentlichung. Der Produktmanager soll die Spielideen entdecken, die später im Markt erfolgreich sind. Es gibt natürlich Erfahrungswerte, welche Faktoren einen Verkaufserfolg befördern. Jedoch sind die Faktoren vielschichtig, teils widersprüchlich, und selbst sehr gute Spiele können nach kurzer Zeit wieder aus dem Produktkatalog verschwinden.
Meine Wahrnehmung: Erfolg lässt sich oft zwar im Nachhinein erklären, im Voraus ist der Erfolg eines Spiels hingegen ungewiss. Garantierte Erfolgskriterien gibt es nicht. Vorab-Marktforschung zu einzelnen Spielen ist bei den geringen Stückzahlen nicht sinnvoll. Die Verlage müssen einfallsreich bleiben und den Erfolg direkt mit der Veröffentlichung in einer überschaubaren Startauflage testen.
Die gute Nachricht für die Spieler ist: Die veröffentlichten Spiele bleiben vielfältig, das Angebot riesig. Auf der anderen Seite verschwinden die meisten Neuveröffentlichungen innerhalb weniger Jahre wieder vom Markt. Das Angebot ist unübersichtlich. Beratung ist bei den kurzen Produktlebenszyklen und der großen Auswahl für den Einzelhandel aufwendig.
Die Qualität eines Spiels (in Hinblick auf zum Beispiel Spielspaß, Thema, Spielmaterial, Verpackung) stellt für den Erfolg eines Spiels nur eine notwendige Bedingung dar. Die Wettbewerbssituation, die Vertriebswege oder einfach zum richtigen Zeitpunkt den Nerv der Zeit treffen, spielen mindestens genauso hinein. Ein Verlag hat nicht auf alle Faktoren einen unmittelbaren Einfluss. Insofern kann ein Verlag keinesfalls auf den Erfolg eines einzelnen Spiels setzen, sondern muss in der Gesamtheit seines Verlagsprogramms die gewünschten Stückzahlen erzielen. Es geht also vielmehr darum, mit einer definierten Marketingstrategie ein Verlagsprofil zu pflegen.
Schmidt Spiele deckt mit seiner Mehr-Marken-Strategie „Schmidt“, „Drei Magier Spiele“ und dem eigenständigen „Hans im Glück“-Verlag eine breite Zielgruppe ab, und so gelingt die Diversifizierung der Spiele-Produktpalette. Kinder bis Spiele-Freaks werden bei dem Angebot fündig.

Bewährte Entwicklungen der vergangenen Jahre

Natürlich fragen sich auch die Verlage, wie sie unter den beschriebenen Bedingungen ihre Umsätze sicher planen können. Hier haben sich in den vergangenen Jahren Lizenzen, Line-Extensions und Erklärfilme durchgesetzt, auf die auch Schmidt Spiele zurückgreift.

Lizenzen
Lizenzspiele verkaufen sich über das Thema und den Wiedererkennungswert. Die Fan-Gemeinden der „Sendung mit der Maus“ oder von „Mia and me“ greifen hier zu. Und als Geschenk sind Lizenzspiele ein sicherer Griff, wenn der Beschenkte zum Beispiel „Lauras Stern“ mag. Der Kunde muss das Spiel nicht erst verstehen, um ein gutes Gefühl beim Kauf zu haben.

Line-Extensions
„Mensch ärgere Dich nicht“ als Kartenspiel: Geht das? – Ja, wenn das Kartenspiel die gleiche Atmosphäre kreiert wie das Original. Zum ursprünglichen Spiel hat der Kunde eine Erwartung entwickelt, die er mit der Line-Extension bestätigt sehen möchte. Line-Extensions greifen auf bewährte Spiele zurück (zum Beispiel „Ligretto“ als Würfelspiel) oder liefern eine Erweiterung zum Grundspiel (zum Beispiel „Carcassonne Minis“). Die Line-Extensions geben Orientierung, weil sie auf Bekanntem aufbauen.

Erklärfilme
Zu jedem großen Spiel produziert Schmidt einen Kurzfilm. Online-Shopping hat im Jahr 2012 laut IFH-Branchenreport für Hobby- und Freizeitartikel einen Marktanteil von über 15 Prozent erreicht. Der Kunde 2.0 ist multimediale Inhalte gewohnt, und der Abverkauf wird per Videofilm deutlich unterstützt.
Weiter zunehmen wird das Erklären der Spielregel über das Smartphone. Einfach den Barcode auf der Packung mit dem Handy fotografieren, und schon startet über das Internet die Spielbeschreibung. Ein wertvoller Beitrag, um die Einstiegshürde zu einem Spiel zu senken.

Herausstechend, nicht zwingend innovativ

„Es haben vor allem Spiele eine Chance auf eine Veröffentlichung, wenn Sie aus der Masse herausstechen“, erläutert Thorsten Gimmler, der das Produktmanagement fachlich leitet. Herausstechend ist dabei nicht zwingend mit einer bedeutenden Spiele-Innovation gleichzusetzen. Eine Innovation gelingt nur wenigen Spielen im Markt, wie zum Beispiel „Bumm Bumm Ballon!“, das 2013 den ToyAward gewann. Zusätzlich müssen Spiele bei ihrer Zielgruppe unbedingt einen Wiederspielreiz auslösen.

Familien- und Erwachsenen-Spiele
Die Spiele von Schmidt weisen in der Gesamtheit eine niedrige Einstiegshürde auf und die Spielregeln sind von jedermann zu bewältigen, sei es die „Easy Play“-Reihe, „Eselsbrücke“ oder „DOG“. Selbst die leicht anspruchsvolleren Spielregeln von „Grimoria“ (gewann 2012 die Essener Feder für die beste Spielregel) oder „Die vergessene Stadt“ sind für das breite Publikum geeignet. Letztere tauchen thematisch in eine Spielwelt ein und erlauben den Spielern mehr Entscheidungsalternativen und damit eine höhere Spieltiefe.

Kinderspiele
Die Kinderspiele sind grundsätzlich mit einem Thema verbunden. Die Grafiken sind ansprechend und kindgerecht (zum Beispiel „Schmidts Katze“ oder „Planetenwanderer“). Sie unterstützen den Spielfluss. Das Spiel ist ausgewogen, so dass auch die Kleineren eine Gewinn-Chance haben (zum Beispiel „Go, Johnny, go!“). Ob ein Spiel gut ist, sehen die Spieletester auch daran, ob die Kinder ein bereits ausprobiertes Spiel wieder nachfragen.

Drei Magier Spiele
Die Kinderspiele von Drei Magier Spiele zeichnen sich durch besonderes Material aus und sind insgesamt gut ausgestattet (zum Beispiel „Die geheimnisvolle Sternschnuppe“ oder „Das magische Labyrinth“). Das Spiel muss bei den Kindern ein Aha-Erlebnis auslösen. Thematisch bewegen sich die Brettspiele in einer magischen Welt.
Darüber hinaus bietet Drei Magier Spiele eine Kartenspiel-Reihe für die ganze Familie an. Die Themenwelten sind meistens schräg (zum Beispiel „Mogel Motte“) und der Spaß steht im Vordergrund.

Für mich waren die Tage bei Schmidt Spiele ein wahres Eldorado, und am liebsten hätte ich noch eine Woche drangehängt. Die besuchten Abteilungen Produktmanagement, Marketing und Einkauf nahmen mich herzlich auf. Es herrschte untereinander ein kollegialer und unterstützender Stil. Die Spielfreude auf der Etage war unmittelbar zu spüren. Vielen herzlichen Dank für die wertvollen Erfahrungen bei Euch!