Tag der Brettspielkritik 2019 · Teil 1
Mehr als 60 Spielejournalistinnen und -journalisten sowie Bloggerinnen und Blogger kamen, als der Verein Spiel des Jahres zum Tag der Brettspielkritik 2019 nach Hamburg einlud. „Leider erfahren wir in vielen Texten über Spiele wenig darüber, was sie mit uns machen“, sagte Stefan Gohlisch in der Eröffnungsrede und beschrieb damit einen roten Faden, der sich durch die Workshops und Diskussionsrunden der Veranstaltung zog.
„Wir schreiben Rezensionen, die sich auf die Nacherzählung der Regeln beschränken“, beklagte Gohlisch, Mitglied der Jury Spiel des Jahres. „Wir schauen Menschen beim Unboxing zu und diskutieren über Kartenglück und Mechanismen. Aber darüber, was die Spieler fühlen, erfahren wir nur wenig.“ Spielekritiken, die wirklich spielerisch sind, über man lachen kann oder die uns anrühren, seien selten. Der Kulturredakteur der Hannoveraner Neuen Presse fragte, warum zu oft nüchterne Erklärungen geliefert und zu selten die Beschreibungen von Emotionen.
„Dabei bieten moderne Spiele doch so viel Potenzial für spannende und unterhaltsame Rezensionen. Ein ‚Pandemic Legacy‘ hat mindestens so viel erzählerische Tiefe wie die akut angesagte Fernsehserie. Ein ‚Les Poilus‘ berührt uns wie ein Roman, den wir auch nach der letzten Seite einfach nicht zuklappen wollen“, stellte Stefan Gohlisch fest. „Warum bewerten wir Spiele wie diese oft nur nach ihrem Regelgerüst und nicht nach dem, was wir dabei erleben?“
Spiele zu erfahren, sei etwas Elementares. „Wir wissen, wenn sie uns Freude bereiten, wenn sie uns frustrieren, wenn sie uns einzigartige Erlebnisse bescheren. Lasst uns Worte dafür finden! Lasst uns andere Menschen begeistern, ihnen das Gefühl geben, dass sie etwas verpassen, wenn sie nicht spielen! Lasst uns stolz sein auf das, was wir tun!“, appellierte Gohlisch an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Tags der Brettspielkritik. „Bleibt kritisch! Und spielerisch!“
Text: Tim Koch, Fotos: Harald Schrapers, Video: Stephan Zerlik